Müllers Drohung verhallt: Regressrisiko bleibt

"Gesetzliche Regelungen zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Verordnungen sind unverzichtbar." Das klare Statement der Bundesregierung macht Hoffnungen der Ärzte und der KBV auf Abschaffung der Arzneiregresse zunichte.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Müller: "Übe ich meine Vorstandstätigkeit wirklich weiter aus, wenn ich sehe, dass die Politik die falschen Spuren legt?" vs. Flach: "Gesetze zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Verordnungen sind unverzichtbar."

Müller: "Übe ich meine Vorstandstätigkeit wirklich weiter aus, wenn ich sehe, dass die Politik die falschen Spuren legt?" vs. Flach: "Gesetze zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Verordnungen sind unverzichtbar."

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BERLIN. Die Bundesregierung hat nur rudimentären Überblick darüber, in welchem Umfang Vertragsärzte von Arznei- und Heilmittelregressen betroffen sind.

Generell geht sie aber davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung und einem Regress betroffen zu sein, eher gering ist.

In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen finden sich nur sehr kursorische Aussagen zu Art und Ausmaß der Regresse.

Regressrisiko nur "theoretische Möglichkeit" für Medizinstudenten

Die Argumentation der KBV, das Regressrisiko sei eine der wichtigsten Gründe, warum Nachwuchsmediziner vor der Niederlassung als Vertragsarzt zurückschreckten, wird nicht geteilt.

In der KBV-Umfrage unter Medizinstudenten sei lediglich auf die "theoretische Möglichkeit" von Regressforderungen abgestellt worden - und nicht auf die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Betroffenheit durch Regresse.

Die Bundesregierung vertritt den Standpunkt, so die Parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Ulrike Flach, dass Gesetze zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Verordnungen "unverzichtbar" sind.

Gesetzgeber hat Erleichterungen geschaffen

Dabei habe der Gesetzgeber Erleichterungen geschaffen: die Begrenzung der Auffälligkeitsprüfungen auf fünf Prozent der Ärzte, die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten, zeitnahe Prüfungen, die Begrenzung der Regresshöhe in den beiden ersten Jahren einer Richtgrößenüberschreitung auf insgesamt 25.000 Euro.

Ferner werde im Versorgungsgesetz der Grundsatz "Beratung vor Regress" festgeschrieben.

Das heißt: Dem Druck der KBV - zuletzt hatte Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller sein persönliches Schicksal an der KBV-Spitze mit der Abschaffung der Regresse verbunden - will die Bundesregierung nicht nachgeben.

Höhe des Regressriskos im Dunkeln

Weitgehend im Dunkeln bleibt auch in Zukunft, wie hoch das Regressrisiko für Ärzte tatsächlich ist. Die Verantwortung dafür, so das BMG, trage die Selbstverwaltung auf Landesebene.

Die Aufsicht darüber führten die Landesministerien. Berichtspflichten an die Bundesregierung gebe es nicht.

Aus eigenen aber unvollständigen Erhebungen der Bundesregierung gehe hervor, dass die Summe festgesetzter Arzneiregresse 2007 rund 21 Millionen Euro (ohne Bayern und Niedersachsen) und 2008 rund 17,5 Millionen Euro (ohne Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern) betragen habe. Im Schnitt belief sich der Regress auf 30.000 Euro.

Nicht bekannt ist, wie Widerspruchsverfahren und Klagen bei Sozialgerichten ausgegangen seien. Zwischen 0,5 und 0,7 Prozent der Ärzte waren von Regressen betroffen.

Laut Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen) überschätzen Ärzte ihr Regressrisiko. Sie kritisiert jedoch, dass die Bundesregierung nichts zur Transparenz beiträgt.

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