Apotheken

Kaum Insolvenzen durch Kostendruck

Droht der deutschen Apothekenlandschaft eine Pleitewelle? Diese oft beschworene Bild deckt sich offenbar nicht mit neuen Zahlen zu Apothekeninsolvenzen.

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STUTTGART/WIESBADEN (dpa). Der angeblich bedrohlich steigende Kostendruck auf die Apotheken führt nicht zu mehr Insolvenzen. Die Zahl der Apothekenpleiten hierzulande ist seit langem konstant und schwankt um 30 Fälle pro Jahr.

Das geht aus einer Auswertung der Nachrichtenagentur dpa vom Montag hervor, die sich auf die Zahlenbasis des Statistischen Bundesamtes stützt.

Laut Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) kämpfen viele Apotheken ums Überleben. So gebe es inzwischen jede Woche bundesweit per Saldo, also inklusive Neueröffnungen, sechs Apotheken weniger.

Ende Juni standen zwischen Küste und Alpen 21.080 Apotheken. In Summe waren das zwar 158 weniger als am Jahresende 2011 - doch nur 15 Apotheken gingen mit Stand Ende Mai dieses Jahr in die Insolvenz, der Rest wurde aus anderen Gründen nicht mehr fortgeführt.

Selbstständige Pharmazeuten haften im Insolvenzfall mit ihrem Privatvermögen, da sie in entsprechenden Rechtsformen firmieren müssen.

Derzeit streiten die Apotheker um einen höheren Festbetrag für verschreibungspflichtige Medikamente. Der seit 2004 unveränderte Betrag von 8,10 Euro pro abgegebener Packung müsste ihrer Meinung nach um gut 1 Euro auf 9,14 Euro erhöht werden.

Die schwarz-gelbe Koalition hält dagegen ein Plus von 25 Cent für angemessen. In Baden-Württemberg droht die Zunft bereits mit Warnstreiks.

Was sagt die Statistik?

Die Apotheker führen gestiegene Kosten etwa für Personal, Mieten oder Energie ins Feld und beklagen einen hohen Verwaltungsaufwand, der aus den Gesundheitsreformen resultiere.

Die Politik hält dagegen, dass auch die Zahl der abgegebenen Packungen seit 2004 um fast zehn Prozent gestiegen sei. Die Apotheker wiederum machen geltend, dass mehr Packungen auch mehr Kosten bedeuteten, etwa bei der Beratung.

Die Gründe für das Schrumpfen der Apothekenlandschaft können vielfältig sein. Laut ABDA wird es gerade auf dem Land mit einer schwindenden Ärztedichte immer schwieriger, noch einen Nachfolger für die Geschäfte zu finden.

Fakt ist, dass ein Konzentrationsprozess abläuft. Seit 2004 dürfen Apotheker bis zu drei Filialen betreiben, seither schrumpft die Zahl der Einzelapotheken merklich.

Ende vergangenen Jahres waren schon rund 17 Prozent aller Apotheken ein Filialbetrieb, sie gehörten also zu einem Verbund aus mindestens zwei Geschäften.

Der Besitzer muss dann einen Filialleiter anstellen. Im Umkehrschluss sinkt die Zahl der selbstständigen Pharmazeuten, die Arbeitgeber sind. Ende 2011 waren es noch 17.577.

Die offiziellen Angaben zu den wesentlichen wirtschaftlichen Kennzahlen der Apotheken sind lückenhaft. Die Steuerstatistik nennt zwar steigende Umsatzzahlen, sagt aber nichts zu den Gewinnen.

Zahlen der Treuhand legen sinkende Margen nahe. Demnach blieben einem Apotheker mit gängigem Jahresumsatz 2011 im Schnitt nach Abzug laufender Kosten vor Steuern 69.000 Euro.

Am Ende habe ein typischer Apothekenbesitzer damit nur so viel, wie einer seiner angestellten Apotheker netto verdiene - ohne das Unternehmerrisiko. Allerdings weist die Treuhand für einen großen Teil der Apotheken auch sechsstellige Betriebsergebnisse aus.

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