Drogensucht

Mortler fordert Ärzte zum Substituieren auf

Immer weniger Ärzte sind offenbar bereit, Substitutionspatienten zu betreuen. Das gefällt Marlene Mortler nicht. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung fordert die Mediziner auf, „Vorurteile und Berührungsängste zu überwinden“.

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„Substituieren Sie, denn das kann Leben retten!“ , appelliert die Drogenbeauftragte Mortler.

„Substituieren Sie, denn das kann Leben retten!“ , appelliert die Drogenbeauftragte Mortler.

© Ralf Hirschberger / dpa

FRANKFURT/BERLIN. Zehntausende Drogenkranke erhalten eine medikamentöse Ersatztherapie, aber immer weniger Mediziner sind offenbar bereit, diese Patienten zu betreuen.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), appelliert jetzt an die Ärzteschaft: „Substituieren Sie, denn das kann Leben retten!“

Die Zahl der Substitutionspatienten ist laut dem Bericht zum Substitutionsregister der Bundesopiumstelle seit zehn Jahren mit 79.400 weitgehend konstant. Ganz anders die Lage bei den Substitutionsärzten: 2585 waren es im Jahr 2018 – 154 Mediziner weniger als 2012 (siehe nachfolgende Grafik).

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Viele dürften substituieren, tun das aber nicht: Laut Bundesopiumstelle betreuen 14 Prozent der substituierenden Ärzte die Hälfte aller Drogenpatienten. Mortler forderte daher, „Vorurteile und Berührungsängste zu überwinden“.

"Es wird schwerer, Ärzte für Substitution zu finden"

„Es wird zunehmend schwerer, Ärzte für die Substitution zu finden“, sagte auch Oliver Müller-Maar, Experte für Substitution im Frankfurter Drogenreferat.

Über die Gründe könne man nur spekulieren: In normalen Arztpraxen seien Drogenabhängige „wahrscheinlich nicht die Wunschpatienten“, schätzt Müller-Maar. Und in den Spezialambulanzen „fehlen uns heute die „Überzeugungstäter“ von früher“.

Eine der elf Frankfurter Spezialambulanzen hat bereits dicht gemacht, weitere könnten folgen, weil sie kein Personal finden, wenn ein Arzt pensioniert wird. „Die sind regelrecht verzweifelt“, sagte Müller-Maar. Die Zahl der Patienten ist in der Stadt seit Jahren relativ konstant, sie pendelt zwischen 1500 und 1700.

In Hessen sind 216 Ärzte für diese Art der Therapie zugelassen. Sie betreuen laut Bundesopiumstelle 7616 Patienten. In Nordrhein-Westfalen gibt es mehr als 700 Mediziner, die substituieren, in Brandenburg nur 14.

"Weiße Flecken in der Substitutionslandschaft"

Mancherorts müssten Patienten schon heute weite Wege zur Praxis oder Ambulanz fahren, heißt es in einem „Thesenpapier“ der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin. In mehreren Regionen gebe es bereits „weiße Flecken in der Substitutionslandschaft“.

Nach Schätzung verschiedener Kassenärztlicher Vereinigungen „könnte Anfang der 2020er Jahre ein Drittel der jetzt Substituierten ohne ärztliche Behandlung dastehen“.

Ende 2017 waren die Regeln für die Ersatztherapie geändert worden. Dank einer neuen Richtlinie dürfen Ärzte seither Ersatzstoffe für bis zu 30 Tage zur Einnahme zu Hause verschreiben. Zuvor war das nur für maximal sieben Tage möglich. (dpa)

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