Positionspapier

So will die Unionsfraktion Lieferengpässe angehen

Gesundheitspolitiker der Unionsfraktion verabschieden sich vom Grundsatz der Freiwilligkeit. Das Rabattvertragssystem soll regionalisiert werden.

Veröffentlicht:
Nicht nur bei Impfstoffen zunehmend ein Problem. Gegen Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln erwägen Unionspolitiker jetzt massivere Maßnahmen.

Nicht nur bei Impfstoffen zunehmend ein Problem. Gegen Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln erwägen Unionspolitiker jetzt massivere Maßnahmen.

© Ohde / Bildagentur-online / picture alliance

BERLIN. Gesundheitspolitikern der Unionsfraktion reißt angesichts fortwährender Lieferengpässe bei Arzneimitteln der Geduldsfaden. „Mit Freiwilligkeit kommen wir nicht mehr weiter“, sagte Michael Hennrich, Arzneimittelexperte der Unionsfraktion, der „Ärzte Zeitung“.

In einem Positionspapier der Arbeitsgruppe Gesundheit der Union werden schärfere Töne angeschlagen. Vorgeschlagen werden darin unter anderem „verbindliche Meldepflichten“ für die Hersteller. „Die bereits für Krankenhausapotheken bestehende Meldepflicht (an das BfArM, die Red.) muss auf versorgungsrelevante Medikamente für die ambulante Versorgung ausgedehnt werden“, heißt es in dem Papier.

Ein Expertengremium beim Bundesinstitut solle festlegen, welche versorgungsrelevanten Wirkstoffe davon erfasst sein sollen. Aktuell sind in der Engpassliste des BfArM 229 Medikamente aufgeführt.

Auch die Vorhaltepflicht für wichtige Arzneimittel wollen die Gesundheitspolitiker neu justieren. „Wir wollen keine Vorratsbunker errichten“, sagt Hennrich. Ihm gehe es um eine „intelligente Lösung, die beim Großhandel ansetzt“. Konkret fordert die AG Gesundheit das Bundesgesundheitsministerium auf, zu prüfen, ob die verpflichtende Vorratshaltung versorgungsrelevanter Medikamente in Krankenhausapotheken von zwei auf vier Wochen verlängert werden kann.

Vorratspflicht auch in der ambulanten Versorgung?

Das BMG soll zudem erwägen, ob sich für die ambulante Versorgung eine analoge Pflicht von Großhändlern und Herstellern statuieren lässt. Ansatzpunkt soll dafür Paragraf 52b Absatz 2 AMG sein.

Politisches Sprengpotenzial hat die Forderung der Unions-Gesundheitspolitiker, das System der Rabattverträge völlig neu zu justieren. Sie schlagen vor, dieses „stärker regional zu zentralisieren“, und zwar kassenartenübergreifend. „Das würde bedeuten, dass Krankenkassen regional gemeinsam zu Ausschreibungen verpflichtet werden“, heißt es in dem Papier.

Der Widerstand insbesondere des AOK-Systems gegen diese Vorgabe dürfte massiv sein. Er sei ein großer Anhänger der Rabattverträge, sagt Hennrich. Man habe ihm bisher nicht erklären können, warum sich das bestehende Einsparpotenzial nicht auch auf regionaler Ebene heben lasse.

Parenteralia-Verträge als Vorlage

Vorbild könnten Rabattverträge für parenterale Zubereitungen sein, bei denen Kassen schon jetzt gesetzlich zu gemeinsamen Ausschreibungen verpflichtet sind. Grundsätzlich sollten Rabattverträge nur noch dann geschlossen werden, wenn „mindestens drei Anbieter und zwei Wirkstoffhersteller vorhanden sind“.

Die grüne Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche reagierte positiv auf die Vorschläge. Die Patienten müssten sich darauf verlassen können, dass sie ihre Medikamente pünktlich bekommen. „Lieferengpässe sind nicht nur einfach ein Ärgernis. Sie wecken Zweifel an der Verlässlichkeit unseres Gesundheitswesens“, sagte Schulz-Asche. Konstruktive Vorschläge aus der Union seien den Grünen „als Diskussionsgrundlage sehr willkommen“. (fst)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Diskussion um Wirkstoff nach Zulassungserweiterung

Nutzenbewertung: G-BA entscheidet für Evidenztransfer

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

© Springer Medizin Verlag GmbH

AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
In Deutschland gibt es immer weniger klinische Forschung. Was Deutschland hingegen zu leisten imstande ist, zeigte sich zuletzt bei der COVID-19-Pandemie: mRNA-basierte Impfstoffe wurden schnell entwickelt und produziert.

© metamorworks / stock.adobe.com

Handlungsempfehlungen

Deutschland-Tempo statt Bürokratie-Trägheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Impfung gegen Gelbfieber: Ist eine Auffrischung nötig?

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie