In der Palliativmedizin muss der Gesetzgeber nachbessern

Freiwillig und im Wettbewerb kommt die spezialisierte ambulante Palliativmedizin nur sehr langsam voran.

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Längst nicht alle Patienten, die eine ambulante palliativmedizinische Betreuung benötigen, können zurzeit adäquat betreut werden.

Längst nicht alle Patienten, die eine ambulante palliativmedizinische Betreuung benötigen, können zurzeit adäquat betreut werden.

© carmeta / fotolia.com

AACHEN (HL). Die Bilanz ist gemischt: Palliativmediziner und qualifiziertes Pflegepersonal wissen heute, wie todkranke Menschen würdig in ihrem Sterbeprozess begleitet werden können. Aber von etwa 80 000 bis 100 000 Betroffenen, die eine spezielle palliativmedizinische Versorgung (SAPV) benötigen, wurden 2009 nur etwa 12 000 adäquat betreut. Eine der Konsequenzen, die bei den von Grünenthal unterstützten 82. Aachener Hospizgesprächen am Wochenende gefordert wurden, richtet sich an den Gesetzgeber: Die Versorgung muss zwischen allen Beteiligten in einem Kollektivvertrag mit Schiedsamtslösung geregelt werden.

Aus Sicht des KBV-Vorstands Dr. Carl-Heinz Müller ist das System freiwilliger Verträge, die Krankenkassen mit den Palliativcare-Teams schließen, gescheitert. Gegenwärtig gibt es etwa 170 verschiedene Verträge. Die Zahl der Palliativcare-Teams wird auf 130 bis 140 geschätzt. Benötigt würden, um eine flächendeckende Versorgung zu erreichen, rund 330 Teams. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein Team im Schnitt für ein Einzugsgebiet von 250 000 Einwohnern zuständig ist.

Die aktuelle Versorgungslage ist von Intransparenz, Heterogenität und Unsicherheit geprägt. Es gibt keine sicheren Daten über den jeweiligen regionalen quantitativen Versorgungsgrad und die Qualität der Versorgung. Die SAPV baut auf gewachsenen - unterschiedlichen - regionalen Strukturen auf. Die Einzelverträge mit den Kassen sind unterschiedlich gestaltet. Die Palliativcare-Teams ihrerseits müssen erhebliche Vorleistungen erbringen, bevor sie einen Vertrag erhalten.

Die Forderung der KBV ist deshalb: Der Rahmen der Versorgung und Vergütung muss in einem Kollektivvertrag gesichert werden. Der Vertrag muss schiedsamtsfähig sein. Palliativmedizinische Versorgung sollte, so Müller, im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich berücksichtigt werden.

Betont wurde bei den Hospizgesprächen aber auch, dass die SAPV auf einer allgemeinen Palliativversorgung aufbauen muss: als primäre Aufgabe von Hausärzten und ambulanten Pflegediensten. Geschätzt wird, das etwa zwei Drittel der jährlich 850 000 Sterbenden einer solchen Versorgung bedürfen.

Als gesichert gilt inzwischen die Erkenntnis, so Professor Lukas Radbruch von der Europäischen Fachgesellschaft, das eine rechtzeitige Versorgung die Lebensqualität erheblich verbessert, bei manchen Krankheiten auch das Leben verlängert. Die Palliativmedizin müsse eigenständig bleiben - eine Eingliederung in andere Fachgebiete wie die Geriatrie oder die Onkologie wird abgelehnt.

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