Notrufnummern

Integrierte Leitstelle soll Notfallversorgung richten

In Westfalen-Lippe werden für ein Pilotprojekt die Notrufnummern zusammengeschaltet. Auch die Feuerwehr ist beteiligt.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Einsatz in der Feuerwehrleitstelle: In einer Leitstelle wie dieser sollen die Fäden für das Pilotprojekt in Westfalen-Lippe zusammenlaufen.

Einsatz in der Feuerwehrleitstelle: In einer Leitstelle wie dieser sollen die Fäden für das Pilotprojekt in Westfalen-Lippe zusammenlaufen.

© Mathias Ernert, Berufsfeuerwehr der Stadt Heidelberg

DÜSSELDORF. In Westfalen-Lippe nimmt die Erprobung einer integrierten Leitstelle aus ambulantem Notfalldienst und Rettungsdienst Gestalt an. In Detmold, Höxter und Paderborn werden die Rufnummern 112 und 116 117 zusammengeschaltet.

Um es nicht an der Finanzierung scheitern zu lassen, wird die Kassenärztliche Vereinigung (KVWL) die Kosten des gemeinsamen Pilotprojektes mit der Feuerwehr tragen, kündigte KVWL-Vize Dr. Gerhard Nordmann bei einer Veranstaltung des Ersatzkassenverbands vdek in Düsseldorf an. Die Finanzierung der Evaluation übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen.

Die KVWL wird für drei Jahre insgesamt 900 000 Euro zur Verfügung stellen. Die Leitstelle wird von der Feuerwehr betrieben. Speziell geschulte Fachkräfte werden in einer Ersteinschätzung prüfen, wo der Patient versorgt werden muss. "Es steht immer ein Arzt in Bereitschaft, der zugeschaltet werden kann", erläuterte Nordmann.

Modell auch für Nordrhein geplant

Er plädierte für die Einführung eines eigenständigen Finanzierungstopfes für die ambulante Notfallversorgung. "Es kann nicht sein, dass der ambulante Sektor grundsätzlich bezahlt, was im Notdienst passiert."

Das sieht der Vorsitzende der KV Nordrhein Dr. Frank Bergmann genauso. "Die professionelle Steuerung der Patienten können wir nicht allein aus Mitteln der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung bestreiten."

Auch in Nordrhein wird es ein gemeinsames Modellprojekt mit dem Rettungsdienst geben. Ein entscheidender Erfolgsfaktor wird dabei nach Ansicht Bergmanns die einheitliche Triagierung mit einer hohen Verbindlichkeit sein. Ob ambulanter Notdienst und Rettungsdienst in einem Raum sitzen oder zusammengeschaltet werden, spiele dagegen keine Rolle.

Auch der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen Jochen Brink hält eine eigenständige Vergütung von Notfallleistungen für sinnvoll. Grundsätzlich plädierte er dafür, bei der Notfallversorgung auf regionale Modelle zu setzen. "Man darf die Akteure vor Ort nicht aus der Pflicht lassen und muss sie auffordern, zu vernünftigen Lösungen zu kommen."

Selbstverständnis als Partner

Niedergelassene Ärzte und Kliniken sollten die Probleme im Dialog lösen, forderte Brink. "Wir tun gut daran, uns im Notfallsystem als Partner zu verstehen."

Der Leiter der vdek-Landesvertretung NRW Dirk Ruiss warnte vor den möglichen Nebenwirkungen eines separaten Topfes. "Das würde bedeuten, dass wir einen dritten Sektor mit einem eigenen Leistungsanspruch bekommen." Er sieht die Gefahr einer Sogwirkung: Die Patienten könnten die ambulante fachärztliche Versorgung ignorieren und sich sofort an den Notfalldienst wenden.

Für Ruiss kommt es darauf an, durch die Steuerung der Patienten Finanzierungsunwuchten zu vermeiden. Portalpraxen mit einem gemeinsamen Tresen von Krankenhaus und Notfallpraxen hält er dabei für den geeigneten Weg. "Die KVen mit dem Sicherstellungsauftrag sind in der Pflicht, Portalpraxen aufzubauen."

Das NRW-Gesundheitsministerium wünscht den flächendeckenden Ausbau von Portalpraxen – möglichst in gleicher Geschwindigkeit im Rheinland und in Westfalen, berichtete Helmut Watzlawik, Leiter der Abteilung Gesundheit. "Momentan ist keine gemeinsame Finanzierung vorgesehen, aber man wird darüber sprechen müssen."

Notwendig sei ein Instrument, mit dem sowohl die Krankenhäuser als auch die KVen leben können, sagte Watzlawik.

Lösungssuche vor Ort

"Das Thema Notfallversorgung werden wir nicht in den Griff bekommen, wenn jeder nur an seinen eigenen Sektor denkt", betonte Professor Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des Aqua-Instituts, das in einem Gutachten für den vdek die bundesweite Einrichtung von Portalpraxen empfohlen hat. Er forderte die Beteiligten auf, mit pragmatischen Lösungen vor Ort zu beginnen.

Weil es im Moment an Steuerung fehlt, gehen die Patienten in die Notaufnahmen der Kliniken, auch wenn sie dort nicht hingehören, sagte Szecsenyi. Er verwies auf ein weiteres Problem: "Die Patienten sind in unserem System nicht gut darauf vorbereitet, ihre gesundheitlichen Probleme richtig einschätzen zu können."

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