Ökonomischer Druck

Medizinstudenten mahnen Patientenwohl als Maßstab an

Gegen ökonomische Zwänge in der Versorgung haben die Medizinstudenten ein ganz eigenes Konzept. Das sieht auch Klinikschließungen vor.

Veröffentlicht:

BERLIN. Dass die Medizin zunehmend von ökonomischen Zwängen bestimmt wird, ist längst bei den Medizinstudenten angekommen.

Das Patientenwohl müsse der ethische Maßstab für alle Entscheidungen in der Gesundheitsversorgung sein.

Das dürfe keineswegs nur als „hohle Phrase“ verstanden werden, fordert die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd).

Bei der bloßen Forderung bleibt es allerdings nicht. Die nächste Ärztegeneration will eine patientenzentrierte und ressourcenbewusste Versorgung aktiv mitgestalten.

Der bvmd unterstützt daher nicht nur die Maßnahmen, die bereits von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) erarbeitet wurden. Die Medizinstudierenden liefern in ihrer aktualisierten Stellungnahme „Medizin und Ökonomie“ ganz konkrete Ideen:

  • Gesundheitsberufe und Klinikmanagement müssten künftig gemeinschaftlich agieren. Dazu müsse man weg vom traditionell formellen und hin zu einem kompetenzorientierten, integrierenden Organisationsverständnis.
  • Verantwortlichkeiten sollten dezentral verteilt, Botton-up-Strukturen gefördert und Entscheidungen ins Team übertragen werden. Um die Arbeitskultur tatsächlich zu verändern, sollten gemeinsam Ziele für die Versorgung erarbeitet werden.
  • Bei der Besetzung ärztlicher und pflegerischer Leitungspositionen in Kliniken sollten künftig auch qualifizierte Kenntnisse in Ökonomie, Ethik, Management und Recht beachtet werden. Auf der anderen Seite sollten leitende Krankenhausmanager zusätzlich Kenntnisse in praktischer Patientenversorgung mitbringen beziehungsweise darin geschult werden.
  • Zur Vermeidung von Über- und Unterversorgung sollten in der Primärversorgung Konzepte implementiert werden, die – besonders mit Blick auf ländliche Regionen und den Ärztemangel – neue Technologien und interprofessionelle Strukturen mit einbeziehen.
  • Es müsse eine sektorübergreifende Versorgungsplanung stattfinden, die regionale Besonderheiten berücksichtigt. Dabei sprechen sich die Studierenden auch für den Abbau stationärer Überkapazitäten aus. In vielen Regionen – insbesondere Ballungszentren – gebe es einen Überschuss kleiner, finanziell überforderter Kliniken, das berge qualitative Risiken.
  • Damit partizipative Entscheidungen gelebt werden könnten, müssten über Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote die Kommunikationskompetenzen von Ärzten gestärkt werden. Zudem brauche es in den Kliniken mehr Zeit, aber auch Räumlichkeiten für Patientengespräche. Der bvmd spricht sich daher für eine flächendeckende Etablierung von „Räumen der Begegnung“ in den Kliniken aus, damit Patientengespräche und Besprechungen in einem „adäquaten Setting“ stattfinden könnten.
  • Die „sprechende Medizin“ und die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe müsste in der Vergütungskalkulation „substanziell“ berücksichtigt werden. (reh)
Mehr zum Thema

Geplante Abwicklung des ÄZQ zum Jahresende

DEGAM wirbt für Fortsetzung des NVL-Programms

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Antikörper macht‘s möglich

Zähne einfach nachwachsen lassen – wie beim Hai?

Digitalisierung und Medikamente

Apotheker entwickelt eigene E-Rezept-App

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer