Zukunftsbranche Gesundheit

Sektoren optimieren? Bitte nicht schon wieder!

Von Uwe K. Preusker Veröffentlicht:

Immer häufiger hört man, dass in der kommenden Legislaturperiode der deutsche Kliniksektor weiter optimiert werden müsse. Doch schon der Grundgedanke führt in die falsche Richtung: Wer Sektoren optimiert, vertieft die Gräben zwischen den Bereichen - nur integrierte Optimierung führt zum Ziel eines insgesamt verbesserten Gesundheitssystems.

Das deutsche System der gesetzlichen Krankenversicherung krankt auch nach mehr als hundert Jahren noch immer an einem Geburtsfehler: der Einteilung in Sektoren. Gesundheitspolitiker aller Couleur haben sich seither bemüht, jeden Sektor für sich zu optimieren.

Dabei hat man viel erreicht - nur eines nicht: Dass Patienten, vor allem Chroniker, nahtlos die Sektorengrenzen passieren. Die Optimierung von einzelnen Sektoren führt eben nicht zur Optimierung des gesamten Systems, sondern hat gerade an den Schnittstellen immer die große Gefahr, dass innerhalb eines Sektors auf Kosten anderer optimiert wird.

Eine Folge dieser sektorierten Struktur: Es gibt eine Unmenge detaillierter gesetzlicher Regelungen zur Absicherung der Sektorengrenzen.

Getrennte Budgets und exakte Vorschriften darüber, wann wer unter welchen Bedingungen und wie weit diese Grenzen im Ausnahmefall überschreiten darf, begleiten den Alltag von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten ebenso wie den der Krankenhäuser und der dort Tätigen.

Bisher sind Versuche, diese Sektorengrenzen durchlässiger zu machen, in Anfängen stecken geblieben. Die Integrierte Versorgung (IV) wurde erst unentschlossen eingeführt, dann so gefördert, wie Münchhausen sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zog, nämlich indem man allen das Geld wegnahm, das in der IV gebraucht wurde.

Das nannte sich "Anschubfinanzierung" - die man 2009 wieder enden ließ. Die Folge: Heute werden vom Bundesversicherungsamt nur noch solche IV-Verträge zugelassen, die sich innerhalb kürzester Zeit selbst refinanzieren.

Es braucht eine lernende Gesetzgebung

Ein völlig falsches Verständnis, denn gerade strukturelle Veränderungen der Versorgung bedürfen langfristiger Konzepte und damit langfristiger Investitionen, nicht aber kurzfristigen Denkens nach schnellem Return on Investment.

Dass integriert versorgt auch besser versorgt bedeutet, kann in etlichen anderen europäischen Gesundheitssystemen beobachtet werden. Wo es die Sektorengrenze nicht gibt, sind Diabetiker, Herz-Kreislauf-Kranke und an Brustkrebs oder COPD Erkrankte in der Regel besser versorgt und weisen bessere Ergebnisqualität, etwa höhere Lebensqualität, aber auch höheres Gesamtüberleben, auf als in Deutschland.

Die Daten zur Überlebensdauer bei Brustkrebs sprechen hier immer noch eine deutliche Sprache, auch wenn sich die deutschen Zahlen in den vergangenen Jahren klar gebessert haben.

Was ist die Botschaft? Die nächste Legislaturperiode sollte nicht wieder dazu genutzt werden, diesmal den stationären Bereich oder den Arzneimittelbereich oder die ambulante Versorgung für sich zu optimieren.

Nötig ist ein Ansatz, der mittelfristig darauf zielt, endlich die Sektoren zusammenzuführen, statt immer neue Zwischensektoren zu schaffen oder gar die Trennlinien zwischen den Sektoren weiter zu vertiefen, weil dies zur Optimierung eines Sektors nötig ist.

Klar ist: Die Entwicklung hin zu einem einzigen Versorgungssektor braucht Zeit und Übergangsphasen; außerdem kann am Anfang des Systemumbaus nicht festgeschrieben werden, wie das Endergebnis auszusehen hat.

Vielmehr muss die Entwicklung flexibel angepasst werden können. Nach dem Grundsatz "lernender Gesetzgebung" und mit einer sinnvoll gestalteten Konvergenzphase sollte das zu bewältigen sein.

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