Gehaltsverhandlungen / Praxismitarbeiter

MFA fordern knapp zwölf Prozent mehr Lohn

Die erste Verhandlungsrunde zum Gehaltstarifvertrag für MFA verlief ergebnislos. Während die MFA-Seite knapp zwölf Prozent mehr Lohn fordert, vermisst die Vertretung der Ärzte den guten Ton.

Anke ThomasVon Anke Thomas Veröffentlicht:
Zwei MFA gehen ein Dokument durch: Ihre Vertreter fordern eine Lohnerhöhung im zweistelligen Bereich.

Zwei MFA gehen ein Dokument durch: Ihre Vertreter fordern eine Lohnerhöhung im zweistelligen Bereich.

© Robert Kneschke / Fotolia

Nachdem der aktuell gültige Tarifvertrag für Arzthelferinnen und MFA zum 31. März 2019 gekündigt wurde, trafen sich am 16. Januar der Verband medizinischer Fachberufe (vmf) e.V. und die Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/Medizinischen Fachangestellten (AAA) zu ersten Verhandlungsrunde um einen neuen Gehaltstarif (wir berichteten kurz).

Bei diesem ersten Treffen forderte der vmf eine Erhöhung von 1,35 Euro pro Stunde (derzeit 11,28 Euro) für die erste Tätigkeitsgruppe. Mit den 11,28 Euro erreicht eine MFA monatlich in der ersten Stufe im ersten bis vierten Berufsjahr 1884,45 Euro.

Kann sich der vmf mit der AAA auf eine Erhöhung um 1,35 Euro in dieser einfachsten Stufe einigen, läge damit der Bruttostundenlohn in den ersten vier Berufsjahren bei 12,63 Euro. Das würde einem monatlichen Bruttolohn in der ersten Stufe von 2109,21 Euro ergeben. Die vom vmf geforderte Lohnerhöhung beträgt knapp 12 Prozent.

Bei den weiteren Tätigkeitsgruppen II bis VI sollen dann prozentuale Steigerungen erfolgen, die im Gehaltstarif festgelegt sind, die zwischen von 7,5 Prozent in Tätigkeitsgruppe II bis 50 Prozent in Tätigkeitsgruppe VI liegen. Um 80 Euro pro Monat sollen nach dem Willen des vmf die Ausbildungsvergütungen steigen.Das höchste zu erreichende Gehalt einer Arzthelferin/MFA beträgt derzeit in Tätigkeitsgruppe VI und der 5. Stufe ab dem 17. Berufsjahr 3713,65 Euro.

Die erste Verhandlungsrunde mit dem AAA, der kein Gegenangebot vorlegte, verlief ergebnislos. Damit war zu rechnen, sagt Heike Rösch, vmf-Pressesprecherin der „Ärzte Zeitung“. Denn die AAA hätte sich genau an dem Tag, an dem die erste Verhandlungsrunde terminiert war, neu konstituiert.

Forderungen nicht offen gelegt

Das sieht die AAA anders: Zwar hat sich die AAA an diesem Tag neu konstituiert, bestätigt Christian Petzold vom Dezernat 1 bei der Bundesärztekammer, das die Tarifverhandlungen des AAA mitbegleitet, gegenüber der „Ärzte Zeitung“. AAA-Verhandlungsführer sind jetzt Erik Bodendieck, Sanitätsrat Dr. Gunter Hauptmann und Dr. Hans-Peter Peters. Die AAA habe jedoch vorab keinen Gegenvorschlag erarbeiten können, weil der vmf nicht – so wie die Jahre zuvor üblich und wie es auch zum guten Ton gehöre – seine Forderungen frühzeitig vorgelegt habe, so Petzold. Die Forderungen des vmf seien üppig, dabei müsste auch die Honorarsituation der Ärzte berücksichtigt werden.

„Wir haben die Vertreter/innen der AAA daran erinnert, dass motivierte, gut aus- bzw. weitergebildete MFA einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren einer Arztpraxis sind“, erläutert Carmen Gandila, vmf-Vizepräsidentin. Der vmf begründet die geforderte Lohnerhöhung unter anderem mit einer Studie des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf aus 2016/2017. Diese hätte gezeigt, dass das Stress-Level unter MFA außerordentlich hoch sei. Grund dafür sei ein äußerst ungünstiges Verhältnis zwischen Anforderung und Belohnung. Der Praxisalltag sei gekennzeichnet durch großen Zeitdruck, vor allem bei hohem Patientenaufkommen, häufige Unterbrechungen, Verantwortung, Arbeitsverdichtung und Multitasking. Dem stünden ein geringes Einkommen, wenig Wertschätzung in der Gesellschaft sowie problematische arbeitsrechtliche Bedingungen im Kleinstbetrieb Arztpraxis gegenüber.

Eine Lohnerhöhung auf 12,63 Euro/Stunde sei außerdem nötig, um über eine Nettorente oberhalb des Grundsicherungsniveaus von derzeit 814 Euro zu kommen. Dafür seien laut Bundesarbeitsministerium 29,5 Rentenpunkte erforderlich. Dies könnte bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden und 45 Jahre versicherungspflichtiger Beschäftigung nur mit einem Stundenlohn von 12,63 Euro erreicht werden. In diesem Zusammenhang verweist der vmf außerdem auf „namhafte Politiker“, die bereits einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro/Stunde forderten.

Viele Arztpraxen, sagt Petzold, zahlen sowieso schon übertariflich. Das sei oft auch nötig, um eine MFA zu finden oder zu halten. Viele wechselten in Kliniken oder die Pflege, weil dort besser bezahlt würde.

Am 8. März sollen die Tarifverhandlungen zwischen vmf und AAA fortgesetzt werden. Zwar sind nach Angaben des vmf nur rund zehn Prozent der Arzthelferinnen und MFA im Verband organisiert. Dennoch orientierten sich rund zwei Drittel der Praxischefs am Gehaltstarif, so vmf-Pressesprecherin Rösch.

Eine Befragung des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung (Zi) Ende 2015 mit über 1000 teilnehmenden Ärzten bestätigt das. Derzeit führt die Bundesärztekammer mit dem Zi eine Wiederholungsbefragung durch, sagt Petzold. Die Ergebnisse sollen Ende Februar, Anfang März vorliegen.

Bis zum Abschluss eines neuen Gehalttarifs gilt der alte Tarifvertrag weiter. Sollten die Verhandlungen länger andauern, könnte zum Beispiel eine vereinbarte Lohnerhöhung auch rückwirkend greifen. Die Verhandlungen zum jetzt gültigen Tarifvertrag wurden Ende Juli 2017 abgeschlossen und waren rückwirkend zum 1. April 2017 in Kraft getreten.

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