Mediziner beklagen Versorgungslücken
Palliativversorgung noch nicht gut genug
Palliativmediziner beraten beim DGP-Kongress in Bremen über Fortschritte und Defizite in der Versorgung.
Veröffentlicht:BREMEN. Gut aber nicht gut genug: Die palliativmedizinische Versorgung Schwerkranker und Sterbender weist trotz des Hospiz- und Palliativgesetzes von 2015 noch erhebliche Lücken auf.
Das sagte Professor Lukas Radbruch, Palliativmediziner und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), beim Kongress der DGP in Bremen.
"Wir haben schon viel erreicht. Aber zum Beispiel bei der palliativen Versorgung von anderen als Krebspatienten, von Patienten aus anderen Kulturen oder Sterbenden in Pflegeheimen, besteht noch Nachholbedarf", so Radbruch.
Früher in allgemeine Versorgung integrieren
Palliativmedizin sollte zudem früher als bisher in die allgemeine Versorgung Schwerstkranker integriert werden, hieß es.
Nur so könne der Wunsch alter und hochbetagter Menschen nach einem möglichst guten Lebensende erfüllt werden. Dazu brauche es nicht immer die spezialisierte Versorgung, sagte Radbruch.
Es gehöre zu den künftigen Aufgaben, die Palliativmedizin von der spezialisierten mehr in die allgemeine Versorgung zu bringen.
Wie könnten etwa Pflegekräfte in Heimen eine eigene Hospizkultur entwickeln?, fragte Radbruch. "Oder wie stellen wir sicher, dass Hausärzte noch besser mit der Schmerzmedikation umgehen?"
Defizite in der Forschung
Auch in Lehre und Forschung bestünden noch Defizite. Von den 34 Medizinischen Fakultäten in Deutschland verfügten nur zehn über einen Lehrstuhl der Palliativmedizin.
"Wir brauchen mehr Lehrstühle!", forderte Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Krebshilfe.
"Von den zehn Lehrstühlen wurden sechs mit Förderung durch die Deutsche Krebshilfe eingerichtet", so Nettekoven. Das sei ein "seit Jahren unveränderter Missstand".
Auch die Forschung sei noch nicht so ausgeprägt, wie sie sein sollte – mit Konsequenzen für die Versorgung. Zum Beispiel seien viele Pflegehilfsmittel nicht durch Studien überprüft.
"Aber die Hersteller verdienen eine Menge Geld damit", sagte Kongresspräsidentin Dr. Birgit Jaspers.
Hohe Hürden
Allerdings stelle die Palliativmedizin als solche die Forschung vor hohe Hürden. "Über den Todeswunsch Sterbender lassen sich keine randomisierten Studien machen", sagte Jaspers.
Schließlich fehle auch Personal. "Wie viele Ärzte werden in der Zukunft noch palliativmedizinische Forschung machen?", fragte sie.
Der Bremer Kongress soll das breite Angebot palliativer Versorgung reflektieren, das lebensbedrohlich erkrankten Menschen und ihren Angehörigen zur Verfügung steht, so Professor Friedemann Nauck, der ebenfalls Kongresspräsident ist.
Die DGP erwartet bis zum 8. September rund 1500 Besucher.
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