Kommentar
Mit zweierlei Maß
Auch Krankenkassen schauen auf Patientenbedürfnisse – vor allem dann, wenn es im Wettbewerb Vorteile bringt. Angesichts weit verbreiteter Präferenz für sanfte alternative oder komplementäre Medizin hatte sich vor gut zehn Jahren ein regelrechter Hype um die Akupunktur entwickelt, ohne dass für deren Wirksamkeit eine Evidenz existierte. Mit der GERAC-Studie wurde eine – wenn auch brüchige Basis – geschaffen, Akupunktur für die Indikationen Knie- und Rückenschmerzen in den Regelleistungskatalog aufzunehmen. Eine jetzt bei der Zi-Tagung vorgelegte Studie zeigt: Es ist Ernüchterung eingetreten. Akupunktur ist eine Kann-Leistung, wenn Ärzte die Zeit und Patienten die Geduld haben, bis sich eine Wirkung zeigt. Die Evidenz bleibt umstritten. Für eine durch Zwangsbeiträge finanzierte Leistung ist das dürftig, wenn man bedenkt, welche Maßstäbe in anderen Therapiefeldern – randomisierte klinische Studien – angelegt werden.
Auch mit Blick auf die Dauerkampagne der Krankenkassen und ihres Medizinischen Dienstes gegen individuelle Gesundheitsleistungen, über deren Inanspruchnahme jeder Patient selbst entscheidet und diese auch aus eigener Tasche bezahlt, wird erkennbar, dass zum eigenen Vorteil gern mit zweierlei Maß gemessen wird.