Ausbildung

Ein Masterplan macht noch keinen Sommer

Der Ärztetag nimmt die Zukunft der Ärzteausbildung kritisch unter die Lupe. Die Botschaft: Der Masterplan 2020 Medizinstudium ist ein Schritt in die richtige Richtung – doch im Detail sind noch viele Hausaufgaben zu machen.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr und Helmut LaschetHelmut Laschet Veröffentlicht:

FREIBURG. Was halten Medizinstudenten vom Masterplan 2020? Carolin Siech, Vorstandsmitglied in der Bundesvertretung der Medizinstudierenden (BVMD), stellte vor den Ärztetagsdelegierten klar, dass ihr Verband den Plan keineswegs pauschal verurteilt. Zugleich präsentierte sie einen Forderungskatalog: So sollten die vorklinischen und klinischen Studieninhalte besser verknüpft und die Studierenden besser auf das Arbeitsleben vorbereitet werden. Daher spricht sich der BVMD für integrierte Curricula mit bereits früh vermitteltem klinischem Wissen und Patientenkontakten aus.

Mehr Wissenschaft ins Studium! Die Uni, so die Studentin, müsse fit machen für ein selbstständiges, wissenschaftlich-methodisches Arbeiten. Ein guter Arzt braucht mehr im Hirn als nur Bücher – so eine weitere Botschaft des Verbands. Die Masse an reinem Faktenwissen sollte auf ein Kerncurriculum fokussiert werden, um Platz für weiterführende Lehrinhalte zu schaffen.

Zehn Prozent mehr Studienplätze

Der Ärztetag forderte Bund und Länder auf, sofort die Studienplatzzahlen mindestens um zehn Prozent zu erhöhen und ausreichend zu finanzieren. Der Masterplan werde hinter den Erwartungen zurückbleiben, wenn nicht gleichzeitig die Studienplatzkapazitäten flächendeckend erhöht werden. Zweifellos sei die geplante Neugründung einer medizinischen Fakultät in Augsburg ein Schritt in die richtige Richtung, heißt es in der Begründung des Antrags. Mit der derzeitigen Anzahl an Studienplätzen werde sich der Ärztemangel aber vor allem in der Fläche nicht beheben lassen.

Die wissenschaftliche Ausbildung im Medizinstudium müsse gestärkt werden, so die Delegierten weiter. Die in unterschiedlichem Umfang bereits bestehenden Promotionsprogramme an medizinischen Fakultäten müssten flächendeckend ausgebaut und für alle Doktoranden in der Medizin verfügbar gemacht werden. Der Ärztetag bemängelt, dass die Rahmenbedingungen für eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung an vielen Fakultäten noch ungenügend sind.

Überhaupt nichts halten die Delegierten von einer Landarztquote – eine Einschätzung, die exakt der Position der BVMD entspricht. Die Bundesländer wurden aufgefordert, im Falle einer Einführung einer Landarztquote im Rahmen des Reformprozesses Masterplan Medizinstudium von dieser Quote keinen Gebrauch zu machen.

Zur Erinnerung: Der Beschlusstext zum Masterplan 2020 sieht vor, dass, bis zu zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab an Bewerber vergeben werden können, die eine Verpflichtung unterschreiben: Nach Abschluss des Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin müssten sie in der hausärztlichen Versorgung in der jeweiligen Region bleiben.

Dieses Verfahren verlange von den Studenten eine Entscheidung ab, die sie für "bis zu zehn Jahre" nach Abschluss der fachärztlichen Weiterbildung binden würde, kritisierten die Delegierten – eine unrealistische Anforderung, hieß es.

Die Abgeordneten forderten mit Blick auf den Masterplan auch eine aktuelle Evaluation der Modellstudiengänge, die sich an den Universitäten seit Jahren etabliert haben. Einzelne Modelle seien aber wenig kompatibel und erschwerten so den Wechsel der Studenten zu anderen Universitäten. Modellstudiengänge, die ihre Ziele nicht verwirklicht haben, sollten deshalb auslaufen, um finanzielle Mittel für Maßnahmen des Masterplans frei zu machen.

Schließlich richteten die Delegierten auch den Fokus auf die wachsende Bedeutung der Medizinethik. "Die Medizin sieht sich wie kaum eine andere Fachdisziplin mit ethischen Problematiken konfrontiert", heißt es in der Entschließung. Im Studium müsse dieser Problemkomplex durch eine Erhöhung der Stundenzahl und ein zeitgemäßes Konzept der Lehrveranstaltungen gestärkt werden.

Placet für Physician Assistant

Gegen die Bedenken weniger Delegierter nahm der Ärztetag zustimmend zu dem in den vergangenen drei Jahren erarbeiteten Konzept des Delegationsmodells "Physician Assistant" Stellung. Basierend auf einer dreijährigen Ausbildung in einem nicht akademischen Gesundheitsberuf, etwa als MFA, handelt es sich um ein dreijähriges Studium an (Fach-) Hochschulen mit einer Qualifikation, durch die der Arzt unter seiner Aufsicht und Weisung bei der Koordination und Administration in der Patientenversorgung unterstützt wird. Er kann auch bei der Therapie mitwirken, ohne den Arzt zu ersetzen.

Der Physician Assistant ist seit Jahrzehnten in angelsächsischen Ländern und seit 15 Jahren in den Niederlanden etabliert. Seit 2005 haben 179 Studienabsolventen in Deutschland eine Arbeit in der Patientenversorgung aufgenommen. Derzeit studieren mindestens 225 angehende Physician Assistants in Deutschland. Leitende Klinikärzte bewerten ihre Arbeit als entlastend.

Perspektiven für Medizinstudenten

- Der Ärztetag fordert eine Erhöhung der Medizin-Studentenzahl um zehn Prozent.

- Die Landarztquote, im Masterplan 2020 vorgesehen, wird abgelehnt.

- Medizinethik gewinnt im Arbeitsalltag an Bedeutung und sollte im Studium aufgewertet werden.

- Zustimmend hat der Ärztetag das von Bundesärztekammer und KBV entwickelte Projekt des Assistant Physician zur Kenntnis genommen.

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