Schwer kranke Jugendliche

Abstand als Therapie

Auch schwer kranke Jugendliche brauchen in der Pubertät mal Abstand von den Eltern. In Niedersachsen machen das jetzt zwei neue Einrichtungen möglich.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Dennis Schoolmann schaut sich in dem Pflegezimmer "Rio de Janeiro" im Jugendhospiz in Syke um. Im Hintergrund ist seine Mutter Roswitha Schoolmann zu sehen. Das Jugendhospiz ist dem Kinderhospiz Löwenherz angegliedert.

Dennis Schoolmann schaut sich in dem Pflegezimmer "Rio de Janeiro" im Jugendhospiz in Syke um. Im Hintergrund ist seine Mutter Roswitha Schoolmann zu sehen. Das Jugendhospiz ist dem Kinderhospiz Löwenherz angegliedert.

© Ingo Wagner / dpa

HANNOVER. Schwer krank und schwer genervt. Weil die medizinische Betreuung sehr kranker Kinder immer besser wird, tritt ein neues Phänomen auf den Plan: Die kranken Kinder wachsen heran zu kranken Jugendlichen, die zu ihrer Diagnose nun auch noch mit den Irrungen und Wirrungen der Pubertät zu kämpfen haben.

Und ihre Eltern, Geschwister, Ärzte und Betreuer auch. Zwei Einrichtungen in Niedersachsen wollen sich jetzt um dieses besondere Klientel kümmern. Hier geht die Medizin beispielhaft auf die biografische Situation ihrer Patienten ein.

Wie alle anderen Halbstarken schwanken auch die jungen Patienten zwischen Auflehnung und Anlehnung, "zwischen Rückzug, Trotz und Kampf", wie der Hannoveraner Kinderarzt und Neurologe, Professor Hans-Jürgen Christen vom Kinderkrankenhaus auf der Bult sagt.

"Da sie genau wie nicht beeinträchtigte Jugendliche in die Pubertät kommen und den Drang nach mehr Autonomie haben, müssen bei ihnen soweit möglich, Ablöseprozesse von den Eltern besonders unterstützt werden", sagt auch Christens Kollege, der Psychotherapeut Michael Wachtendorf, Leiter der Abteilung Psychologie des Sozialpädiatrischen Zentrums im Kinderkrankenhaus auf der Bult.

In Abhängigkeit vom Alter der Jugendlichen ist oftmals eine begleitende Betreuung angezeigt - insbesondere bei Jugendlichen mit progredienten Erkrankungen, so Wachtendorf. "Ferner muss die Behandlung sehr individuell auf den Jugendlichen, beziehungsweise das spezifische Störungsbild abgestimmt sein."

Routine der "Kinderversorgung" verlassen

Christen zum Beispiel arbeitet mit Kindern und Jugendlichen, die "schwere Sauerstoffschäden" haben, Schädel-Hirn-Traumata, angeborene Hirnverletzungen oder mit Kindern und Jugendlichen, die nach Ertrinkungsunfällen im Wachkoma liegen.

Nach seinen Angaben leben in Niedersachsen rund 3300 Kinder und Jugendliche mit schwersten Erkrankungen. Für ganz Deutschland darf man also von rund 33.000 betroffenen jungen Patienten samt ihrer mitbetroffenen Familien ausgehen.

Vor zehn Jahren hätten viele diese jungen Patienten das Jugendlichenalter nicht erreicht. Aber heute haben viele eine Lebensmöglichkeit bis weit ins zweite Lebensjahrzehnt "und zwar bei guter Lebensqualität", wie Christen sagt.

So sehr sich die Eltern und niedergelassene Ärzte um diese Patienten bemühen, so schwer dürfte es den Familien und Ärzten fallen, Isolation und die Routine der "Kinderversorgung" zu verlassen, wenn die Jugendlichen heran wachsen.

"Da brauchen wir neue Betreuungsformen, die in der ausschließlich ambulanten Versorgung so nicht möglich sind", sagt Christen.

Nun wird dieser Tage auf dem Gelände des Kinderkrankenhauses auf der Bult der Grundstein für das "Ägidius-Haus" gelegt. Weitere Informationen zur Einrichtung sowie zum Hospiz Löwenherz in Syke, das sich ebenfalls um schwerkranke Kinder kümmert, erfahren Sie, wenn Sie dieses Text exklusiv in unserer App-Ausgabe vom 16.12.2013 weiterlesen.

Jetzt auch auf Android lesen ... Jetzt gleich lesen ...

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Projekt von Charité und BMW

Neue Studie: Wie ein Auto einen Schlaganfall erkennen soll

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Mitarbeiterführung und Teamentwicklung

MFA-Tag: Motivationsbooster fürs Praxisteam

Lesetipps
HSK im Fokus: Der Hauptstadtkongress 2024 findet von 26. bis 28. Juni in Berlin statt.

© Rolf Schulten

Themenseite

Hauptstadtkongress: Unsere Berichte im Überblick

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung