Schleswig-Holstein

Ophthalmologen-Kooperation erfährt Anerkennung

Ein Zusammenschluss von Augenarztpraxen im Norden hat sich zu einem wichtigen Player in der Versorgung gemausert. Kritik kommt aber vom Berufsverband.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Maßarbeit: Die Brillenverordnung ist ein Leistungsbestandteil der GIO, die sich sonst auf Op fokussieren.

Maßarbeit: Die Brillenverordnung ist ein Leistungsbestandteil der GIO, die sich sonst auf Op fokussieren.

© Inga F / fotolia.com

RENDSBURG. Niedergelassene Augenärzte haben 2005 die Gesellschaft für integrierte ophthalmologische Versorgung (GIO) gegründet.

Nach anfänglichen Widerständen hat sich der Verbund zu einem wichtigen Faktor in der ambulanten augenärztlichen Versorgung im Norden entwickelt: 32 angestellte und freiberufliche Ärzte aus zehn Praxen gehören inzwischen zu GIO.

Die Praxen des Verbunds beschäftigen 432 Mitarbeiter an 21 Standorten in Schleswig-Holstein und Hamburg. Die Ärzte operieren im Jahr 8500 Patienten in sieben OP-Zentren und behandeln 50.000 Menschen konservativ.

Anfangs waren Dritte skeptisch

GIO ist neben der Gemeinschaft operierender Augenärzte (GOA), die an elf Standorten im gleichen Gebiet arbeitet, einer der wichtigsten Anbieter in der ambulanten augenärztlichen Versorgung im Norden.

GIO-Vorstand Dr. Jon-Marten Heisler hatte zum Start der Gemeinschaft nicht das Gefühl, dass Krankenkassen und ärztliche Organisationen den Verbund anerkennen - das hat sich gewandelt. "Heute werden wir anders wahrgenommen", sagt der niedergelassene Augenarzt aus Rendsburg.

Er führt die Entwicklung auch auf die partnerschaftliche Struktur zurück, in der nicht eine große Praxis die anderen dominiert. "Wir haben klar demokratische Strukturen mit einem gewählten Vorstand. Bei uns entscheidet nicht einer allein", sagt Heisler.

Neben Einzelpraxen etwa in Neumünster und Schenefeld zählen auch größere Einheiten wie das Augenzentrum Nord mit allein sechs Standorten im südöstlichen Schleswig-Holstein zu den Mitgliedern. Unter ihnen sind zwei rein konservativ tätige Augenärzte, die anderen operieren auch. Schranken für die Mitgliedschaft gibt es nicht: "Wir sind offen für weitere Kollegen", sagt Heisler.

Verträge gibt es mit allen Kassen

Ein weiterer Erfolgsfaktor für einen Verbund dieser Größe ist aus seiner Sicht ein professionelles Management, das bei GIO Geschäftsführerin Maren Morawe verantwortet. Mittlerweile gibt es Verträge mit allen Krankenkassen.

Die Ökonomin hält auch Kooperationen mit anderen Berufsgruppen für sinnvoll. Eine gemeinsame Dachmarke könnte etwa das Auftreten als Netz mit entsprechender Förderung ermöglichen. Wichtig ist für sie dabei: "Wir wollen auf Augenhöhe mit den anderen Fachgruppen agieren."

Gegründet hat sich GIO mit dem Ziel, die augenärztliche Versorgung durch freiberuflich tätige Ärzte sicherzustellen.

Durch den Verbund sollte zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder gestärkt und die Qualität gesteigert werden. Effizientere Zusammenarbeit und ein intensiverer Informationsaustausch waren weitere Ziele.

Bei allen Zielen sehen Morawe und Heisler die Gemeinschaft vorangekommen. Skeptisch verfolgt der Landesvorsitzende des Berufsverbands der Augenärzte, Dr. Bernhard Bambas, die Expansion von Verbünden wie GIO. "Es besteht die Gefahr, dass die Verbünde sich auf Operationen konzentrieren und die Flächenversorgung leidet", warnt Bambas.

Der in Bad Segeberg niedergelassene Augenarzt beobachtet einen zunehmenden Verdrängungswettbewerb und sieht das Risiko einer Spaltung seiner Berufsgruppe (derzeit 178 niedergelassenen Augenärzte in 130 Praxen).

Bambas sagt aber auch: "Dem einzelnen Augenarzt kann man keinen Vorwurf machen, wenn er sich einer solchen Gemeinschaft anschließt."

Falsche Anreize moniert

Nach Einschätzung von Bambas sind in der Honorarpolitik falsche Anreize zu Lasten der konservativen Versorgung gesetzt worden. Folge ist, dass Operationen in großen Verbünden eine immer stärkere Rolle spielen.

Lösen ließe sich dieses Problem nach seiner Ansicht  am ehesten durch mehr Geld für die konservative Behandlung, ohne dass Operateure dadurch schlechter gestellt werden.

Der Berufsverband schlägt etwa eine eigene Ziffer für Patienten von über 75 Jahren vor. Denn besonders durch die steigende Zahl an älteren Patienten nimmt die Nachfrage nach augenärztlichen Leistungen zu.

Mit der Nachfrage steigen aber auch die Möglichkeiten, dass Patienten außerhalb des Kollektivvertrags Leistungen in Anspruch nehmen, wie Heisler bestätigt.

In der Fachgruppe haben schon heute privat gezahlte Leistungen und über Selektivverträge abgerechnete Leistungen mehr Bedeutung als in den meisten anderen Fachgruppen.

Heisler verweist noch auf einen Vorteil für die Einzelkämpfer unter den Augenärzten, der erst durch die starke Rolle der Verbünde möglich wurde: Ärzte, die ihre Praxis abgeben wollen, stoßen bei den Verbünden auf starkes Interesse - was sich positiv auf den Verkaufspreis auswirkt.

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