Interview

Phyto-Hersteller mit viel Tatendrang

Der Phyto-Spezialist Schaper Brümmer hat 2013 sein 90-jähriges Bestehen gefeiert. Das Familienunternehmen blickt nach einigen nicht ganz einfachen Jahren jetzt wieder optimistisch in die Zukunft, wie Geschäftsführerin Susanne Caspar im Interview erläutert.

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

Susanne Caspar

Phyto-Hersteller mit viel Tatendrang

© Schaper & Brümmer GmbH & Co.KG

Aktuelle Position: Geschäftsführerin bei Schaper Brümmer seit November 2012

Werdegang: geboren 1964 in Bochum; Studium der Biologie, Betriebswirtschaftslehre und Management

Karriere: seit 22 Jahren in der Pharmaindustrie tätig, unter anderem bei AHP,Lindopharm, Merck KGaA,Steiner Arzneimittel

Schaper Brümmer

Branche: Hersteller von Phytotherapeutika, seit 90 Jahren inhabergeführt

Standort: Salzgitter-Ringelheim

Mitarbeiter: rund 200 in Deutschland, Frauenanteil: 69 Prozent

Export: 40 Prozent Anteil des Umsatzes, Vertriebspartner auf der ganzen Welt

Umsatz: 25 Millionen Euro netto (2012) (+ 10,7 Prozent)

FE: 7 Prozent vom Umsatz

Wichtigste Produkte:

- Remifemin/Remifinin plus: Wechseljahre

- Esberitox (Compact): Erkältung

- Cystinol: Harnwegsinfekte/ Reizblase

- Sedacur: Beruhigung/Schlaf

www.schaper-bruemmer.de

Ärzte Zeitung: Seit mehr als 90 Jahren ist Schaper Brümmer als inhabergeführtes Unternehmen am Markt. Wie sehen Sie heute Ihre Perspektiven in dem umkämpften Markt für OTC/Phytotherapie?

Susanne Caspar: Der OTC-Markt ist tatsächlich hart umkämpft, das stimmt. Aber die Perspektiven für uns als Hersteller pflanzlicher Arzneimittel werden besser.

Heute sind nur noch eine Handvoll Unternehmen übrig geblieben, die sich auf Phytotherapie spezialisiert haben. Gerade von Ärzten bekommen wir immer wieder das Feedback, es ist gut, dass es euch gibt und ihr das Know-how in der pflanzlichen Arzneitherapie pflegt und weiter entwickelt.

2004, nachdem nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel überwiegend nicht mehr auf Kassenrezept verordnet werden durften, hatte auch Schaper Brümmer eine längere Phase der Neuorientierung und Konsolidierung zu bewältigen. Inwieweit ist dieser Prozess jetzt abgeschlossen, und was sind die wichtigsten Unternehmens-Charakteristika heute?

Caspar: 2004 war ein harter Einschnitt für unsere Branche. Viele kleine Anbieter von Phytotherapeutika sind danach vom Markt verschwunden. Ärzte waren plötzlich, wenn überhaupt, nur noch Empfehler für unsere Präparate. Zudem waren viele Ärzte verärgert, dass sie wieder einmal die Überbringer der schlechten Botschaft sein sollten - dass Patienten für OTC-Präparate nun selbst zu zahlen hatten.

In diesem schwierigen Umfeld war es für uns wichtig, insbesondere die niedergelassenen Ärzte weiterhin über unsere Präparate und Entwicklungen zu informieren. Dies hat sich bewährt, zeigt sich doch, dass Phytopharmaka gerade auch in der hausärztlichen Praxis Patientenvertrauen und Therapietreue stärken.

Und inzwischen ist es auch in der Politik zu einer Rückbesinnung gekommen: Immerhin dürfen pflanzliche Präparate von den gesetzlichen Krankenkassen seit 2012 als Satzungsleistung wieder erstattet werden.

Als Phytopharmakahersteller sind Ihre Kunden seit einigen Jahren dennoch überwiegend Selbstzahler. Inwieweit setzen sie auf arztgestützte Selbstmedikation - Stichwort Grünes Rezept - und/oder publikumswirksame Marken-Kampagnen?

Caspar: Das hängt für uns von den Präparaten ab. Über unseren Außendienst stellen wir den Ärzten heute alle unsere Produkte vor. Mit unserem umsatzstärksten Präparat - Remifemin® gegen Wechseljahresbeschwerden - haben wir immer sehr stark die Frauenärzte und zum Teil auch die Hausärzte angesprochen, ähnlich bei Cystinol®, das bei leichten Blaseninfektionen indiziert ist.

Bei anderen Produkten, etwa dem schon vor 85 Jahren eingeführten Esberitox®, steht Werbung beim Endverbraucher und im Apothekenmarkt im Vordergrund.

Und das Grüne Rezept?

Caspar: Das Grüne Rezept als Empfehlungsrezept für den Patienten hat mittlerweile einen wichtigen Stellenwert in der Therapie bekommen. Manche Ärzte sagen uns sogar, dass Patienten, die zu ihnen kommen, in der Initialtherapie fast immer ein Grünes Rezept erhalten, bei dem sie selbst bezahlen müssen, und sie akzeptieren das.

Es muss z. B. nicht immer ein Hormonpräparat bei Wechseljahresbeschwerden sein. Die Industrie unterstützt daher das Grüne Rezept weiterhin. Über unseren Außendienst bieten wir den Ärzten die Rezeptformulare an.

Hat die Änderung bei der Erstattungspflicht für OTC-Präparate in der GKV aus Ihrer Sicht zu einer Neueinschätzung der Naturmedizin bei Ärzten und Apothekern geführt?

Caspar: Abgesehen von dem anfänglichen Ärger bei den Ärzten, dass Patienten nicht mehr zu ihnen kamen, um ein OTC-Präparat verordnet zu bekommen, hat sich an der grundsätzlichen Einstellung gegenüber der Naturmedizin nichts geändert, weder bei Ärzten noch bei Apothekern.

Wir haben nach unseren Informationen mindestens 6000 bis 8000 Ärzte mit Zusatzbezeichnung "Naturheilverfahren". Und noch viel mehr Ärzte haben das Potenzial gut erforschter Phytotherapeutika zum Beispiel in einer Einstiegstherapie bei leichteren Infekten erkannt, etwa bei unkomplizierter Blasenentzündung.

Erhoffen Sie sich positive Effekte aus der seit Kurzem in der GKV möglichen Satzungsleistung OTC?

Caspar: Die Satzungsleistung OTC-Präparate oder auch Zusatzversicherungen für eine Phytotherapie ebnen den Weg zum Arzt. Aber viele Kassen werben nicht intensiv für diese neue Möglichkeit. Dabei hätten rund 30 Prozent der GKV-Versicherten Anspruch auf die Satzungsleistung.

Nur wenn es um die Werbung neuer Mitglieder geht, wird das Thema nach außen gekehrt. Aber in der Realität ist es teilweise sehr kompliziert, dann auch die Erstattung für ein vom Arzt verordnetes Präparat zu bekommen.

Der Patient braucht das Rezept vom Arzt, den Kassenbon vom Apotheker etc. Beim Umsatz spüren wir daher bislang keine Auswirkungen der neuen Möglichkeiten für die Kassen. Aber es ist gut für das Image, wenn Ärzte Phytotherapeutika jetzt wieder auf Kassenkosten verordnen dürfen.

Was hätten Sie gegen Drogerien für Ihre Präparate?

Caspar: Die Apotheke als Vertriebskanal bringt für pflanzliche Arzneimittel mit wissenschaftlich belegter Wirksamkeit eine grundlegende Wertigkeit. Unser Präparat für Wechseljahresbeschwerden in der Drogerie neben einem Nahrungsergänzungsmittel mit dem Fantasienamen "Hitzefrei" - da wäre es nicht leicht, Drogeriekundinnen den qualitativen Unterschied klarzumachen.

Es wäre gut, wenn wir bei unserem bewährten System der freien Arztwahl mit niedergelassenen Ärzten in eigener Praxis und inhabergeführten Apotheken blieben.

Mit Schaper Brümmer verbindet man vor allem das antiviral und immunsteigernd wirkende Traditionsmittel Esberitox®. Gibt es weitere Marken, für die Sie eine ähnlich hohe Bekanntheit aufbauen wollen?

Caspar: Zunächst einmal ist trotz der langen Tradition von Esberitox® unser Remifemin® gegen Wechseljahresbeschwerden unser umsatzstärkstes Produkt. Hohes Wachstumspotenzial haben aber auch Cystinol® gegen Harnwegsinfekte und das Beruhigungsmittel Sedacur®.

Welche Bedeutung hat für Sie der Produktionsstandort Deutschland?

Caspar: Wir produzieren ausschließlich an unserem Standort in Salzgitter Ringelheim. Dort haben wir in 90 Jahren ein sehr großes Know-how bei der Produktion von pflanzlichen Arzneimitteln, besonders in der Extraktion von Naturstoffen, aufgebaut. In der Region spielen wir als Arbeitgeber mit 200 Mitarbeitern und als Steuerzahler eine wichtige Rolle. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Wie sieht die Ertragslage in Ihrem Unternehmen aus?

Caspar: Wir haben 2012 bei einem Nettoumsatz von 25 Millionen Euro ein Wachstum von 10,7 Prozent erzielt. 2013 liegen wir nach drei Quartalen bei einem Plus von 16,5 Prozent. Dabei haben wir sicherlich von der Erkältungswelle Anfang des Jahres profitiert. Die Ertragslage von Schaper Brümmer sieht positiv aus. Ein Großteil der erzielten Erträge verbleibt im Unternehmen, u. a. in den Bereichen Forschung und Produktentwicklung.

Wollen Sie beim Export expandieren?

Caspar: Unser Exportanteil liegt bei 40 Prozent. Unsere Präparate werden in 36 Länder verkauft, bisher vor allem Esberitox® und Remifemin®. Schon 1994 wurde Esberitox® als erstes westliches Phytotherapeutikum in China zugelassen.

Unsere Pläne sehen vor, in Märkten, in denen wir bereits vertreten sind, weitere Produkte mit Potenzial zu etablieren, etwa Sedacur® und Cystinol®. Außerdem denken wir daran, in Südamerika und Indien einzusteigen - die Daten für die Stabilität unserer Präparate in den Klimazonen liegen uns bereits vor.

Seit geraumer Zeit sind Nahrungsergänzungsmittel eine beliebte ergänzende Produktkategorie unter OTC-Herstellern. Wie sieht ihr Portfolio hierzu aus?

Caspar: Das haben wir lange diskutiert im Unternehmen. Aber letztlich haben wir entschieden, dass unser Schwerpunkt auch in Zukunft in der Vermarktung zugelassener pflanzlicher Arzneimittel liegen wird.

Welche Rolle spielt Forschung für Sie? Wie sieht Ihre Pipeline für die kommenden Jahre aus?

Caspar: Wir haben einen Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung von 7 Prozent vom Umsatz. Dabei stehen die Weiterentwicklung und die noch bessere Erforschung eigener Extrakte im Vordergrund. Auch neue Galeniken für unsere Präparate entwickeln wir selbst.

Aktuell haben wir eine Weiterentwicklung unseres Erkältungspräparates Esberitox® auf den Markt gebracht - das neue Esberitox® Compact mit fünffach höherer Wirkstoffdosierung pro Tablette. Darüber hinaus sind zwei neue Produkte in der Pipeline, die wahrscheinlich 2015 auf den Markt kommen werden. Sie sehen, Schaper Brümmer hat noch einiges vor in den nächsten Jahren.

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