Die Meinung
Auf den zweiten Blick
Im Kampf um neue Kunden schlagen die Versicherer mitunter merkwürdige Volten. So hat sich die Versicherungskammer Bayern (VKB) bei der Überarbeitung ihrer Tarife in der Berufsunfähigkeitsversicherung dazu entschieden, die gesunde Lebensweise von Versicherten mit niedrigeren Prämien zu belohnen. Woran macht die VKB das fest? Am Rauchverhalten und am Body-Mass-Index (BMI).
Ein nicht rauchender 25-jähriger Versicherungskaufmann mit einem BMI im Normbereich zahlt rund sechs Prozent weniger für den Versicherungsschutz.
Das mag auf den ersten Blick gut klingen. Doch auf den zweiten Blick stellt sich die Frage, wie der Versicherer zu dem Schluss kommt, dass Nichtrauchen und Normalgewicht in Zusammenhang mit dem Risiko stehen, berufsunfähig zu werden. Als einzigen Beleg nennt der Versicherer eine Studie aus dem Jahr 1996 (!), nach der der BMI eine signifikante Auswirkung auf das Risiko haben soll. Sehr überzeugend ist das nicht.
Der Verdacht liegt nahe, dass es der VKB mit ihrer Maßnahme weniger um eine fundierte Kalkulation ihrer Policen ging als um eine positive Außenwirkung. Die Botschaft „Wir belohnen gesundheitsbewusstes Verhalten“ hört sich eben gut an. Ob wirklich etwas dahinter steht, spielt dann offensichtlich nicht so eine große Rolle.
Ilse Schlingensiepen ist Wirtschaftsjournalistin in Köln.