Künstliche Intelligenz

Globaler Innovations-Wettkampf bei Patentanmeldungen

Künstliche Intelligenz gilt in der Medizin und vielen weiteren Branchen als Hoffnungsträger. Bei Patentanmeldungen zeigt sich, dass es Deutschland hier mit harter Konkurrenz zu tun hat.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Neue Ideen gefragt: Deutschland soll, so steht es in der nationalen KI-Strategie, zur globalen Speerspitze der Innovatoren zählen.

Neue Ideen gefragt: Deutschland soll, so steht es in der nationalen KI-Strategie, zur globalen Speerspitze der Innovatoren zählen.

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Deutschlands Zukunftsfähigkeit liegt in den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Feld der Künstlichen Intelligenz (KI/Artificial Intelligence, AI). Deren Einsatzbereiche sind vielfältig. Am prominentesten ist wohl das autonome Fahren, aber auch in der Medizin soll KI neue Horizonte eröffnen – zum Beispiel mittels der Präzisionsonkologie und beim Verwerten und Deuten medizinischer Massendaten.

Deutschland soll, so steht es in der im Dezember vom Kabinett verabschiedeten nationalen KI-Strategie, zur globalen Speerspitze der Innovatoren zählen – und die Märkte unter dem Label „AI made in Germany“ mit Lösungen aus Deutschland versorgen.

Fakt ist: Das KI-bezogene Patentgeschehen wächst rasant, wobei mehr als die Hälfte der Erfindungen seit 2013 veröffentlicht wurden. Bei 26 der 30 wichtigsten KI-Patentanmelder handelt es sich um Unternehmen, die restlichen vier sind Universitäten oder öffentliche Forschungseinrichtungen. Das geht aus den jüngst veröffentlichten „Technology Trends 2019“ der World Intellectual Property Organization (WIPO/Weltorganisation für geistiges Eigentum) in Genf hervor.

IBM auf der Pole-Position

Das US-amerikanische Unternehmen IBM, dessen KI-basierte Lösung Watson unter anderem im medizinischen Kontext als Diagnoseunterstützungssystem fungiert, verfügte laut Untersuchung Ende 2016 mit 8290 Erfindungen über das größte Portfolio an KI-Patentanmeldungen, gefolgt von Microsoft (5930), Toshiba (Japan/5223), Samsung (Südkorea/5102) und NEC (Japan/4406).

Chinesische Organisationen machen drei der vier akademischen Akteure unter den Top 30 der Patentanmelder aus, wobei die Chinesische Akademie der Wissenschaften mit mehr als 2500 Patentfamilien den 17. Platz unter allen Akteuren belegt. Bei 17 der 20 wichtigsten akademischen Akteure im Bereich der KI-Patentierung sowie bei zehn der 20 besten wissenschaftlichen Publikationen zur KI handelt es sich um chinesische Organisationen, heißt es weiter.

Das verwundert nicht, hat Staatspräsident Xi Jinping bereits mit dem von ihm 2015 vorgelegten Masterplan „Made in China 2025“ die Zielmarke gesetzt. So soll das Reich der Mitte bis dahin die globale Führungsrolle in vielen innovativen Kerntechnologiefeldern einnehmen – unter anderem in der KI.

Innovationstreiber Life Sciences

Laut WIPO haben Erfinder und Forscher seit den Anfängen der KI in den 1950er-Jahren bis 2016 annähernd 340.000 Erfindungen im Zusammenhang mit der KI angemeldet und mehr als 1,6 Millionen wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht. „Die Patentaktivitäten im Bereich der Künstlichen Intelligenz nehmen rasant zu, so dass wir mit einer sehr großen Zahl neuer KI-basierter Produkte, Anwendungen und Techniken rechnen können, die unser tägliches Leben verändern und auch die künftige menschliche Interaktion mit den von uns entwickelten Maschinen prägen werden“, erläutert WIPO-Generaldirektor Francis Gurry anlässlich des dokumentierten KI-Patentgeschehens weltweit.

In den Bio- und Medizinwissenschaften, in denen KI unter anderem für die Roboterchirurgie und die Personalisierung von Medikamenten eingesetzt werden kann, stieg die Zahl der Anmeldungen von 2942 im Jahr 2013 um 40 Prozent auf 4112 im Jahr 2016, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 12 Prozent entspricht – elf Prozent aller ermittelten Patentdokumente zwischen 2013 und 2016 bezogen sich auf Bio- und Medizinwissenschaften.

„Die Auswirkungen der KI auf die Zukunft der menschlichen Entwicklung sind tiefgreifend. Der erste Schritt zur Maximierung des weitverbreiteten Nutzens von KI bei gleichzeitiger Bewältigung ethischer, rechtlicher und regulatorischer Herausforderungen besteht darin, eine gemeinsame sachliche Grundlage für das Verständnis von Künstlicher Intelligenz zu schaffen“, mahnt Gurry.

Zumindest in Europa teilt man diesen Gedanken: Die EU-Kommission feilt derzeit an ethischen Leitlinien für eine „vertrauenswürdige KI“, die gerade im medizinischen Versorgungskontext essenziell sein wird.

Zwar ist Masse nicht gleich Klasse, deutsche Unternehmen und akademische Einrichtungen müssen sich aber im internationalen Wettbewerb auf die Hinterfüße stellen, soll „AI made in Germany“ Innovationsvorreiter in der Medizin werden – und bleiben.

Weitere Informationen zu KI: Die „Ärzte Zeitung“ hat Ende des Jahres 2018 ein Special zum Thema Künstliche Intelligenz publiziert. Einen Überblick über die Beiträge finden Sie hier.

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