E-Health

Der iDoc kann nur eine Ergänzung sein

Müssen Ärzte die digitale Konkurrenz fürchten? Das wohl nicht, aber auf Veränderungen sollten sie sich einstellen.

Christoph BarkewitzVon Christoph Barkewitz Veröffentlicht:

BERLIN. Ob Vertreter aus der Ärzteschaft oder aus der Telemedizin-Branche: Dass der Roboter in absehbarer Zeit den Arzt ersetzt, glaubt keiner. Wohl aber, dass es den Beruf des Mediziners verändern wird. Dies zeigte sich bei der Veranstaltung "iDoc: Löst der Computer den Arzt ab?"

Der Computer werde den Arzt in den kommenden Jahrzehnten unterstützen, aber mit Sicherheit noch nicht ersetzen, lautet die Prognose von Dr. Peter Noack, Vorstandsvorsitzender der KV Brandenburg. Er verweist als Beleg auf die Anamnese: Das körperliche Ertasten beispielsweise baue eine Empathie gegenüber dem Patienten auf, die kein Computer leisten könne.

Dr. Thomas Kriedel, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, sieht mehrere entscheidende Veränderung, die die Digitalisierung für den Beruf des Mediziners bringen wird. Bei Routinearbeiten könne der Computer den Arzt wohl ersetzen. Apps beispielsweise könnten die Triage durchführen. Auch bei der Sichtung großer Datenmengen könne die Technik im Vorteil sein: "Der Computer wird nicht müde, der Arzt schon . . .". Außerdem würden mehr vorinformierte Patienten in die Praxen kommen, "der Arzt wird sich darauf einlassen müssen". Er müsse deshalb nicht gleich zum "Digital Native" werden, er sollte nach Meinung Kriedels aber schon stärker darüber informiert sein, was Medizinportale im Netz anböten.

Dies bestätigte eine Hausärztin aus dem Publikum. Sie müsse angesichts zahlreicher Menschen in ihrer Praxis mit aus dem Internet erworbenen Selbstdiagnosen "immer mehr Patienten sagen, woran sie nicht leiden, als woran sie leiden". Sie wünsche sich Portale, die sichere Informationen liefern.

Dies tat auch Dr. Johannes Schenkel, ärztlicher Leiter der Unabhängigen Patientenberatung (UPD): "Wir saufen ab bei den Suchmaschinen." Er halte darum den Versuch des früheren Gesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) für sinnvoll, alle Informationen auf eine verlässliche Plattform zu heben. Er verwies als positives Beispiel auf den schweizerischen "HONcode", nach eigenen Angaben "der älteste und am meisten benutzte ethische Verhaltenskodex für gesundheitsbezogene und medizinische Webseiten". Aus Sicht des Patientenberaters ist die Digitalisierung gleichwohl nicht das drängendste Thema für seine Kundschaft: Keine einzige Anfrage zu Health habe die UPD bislang erhalten.

Sichere Plattform erforderlich

Ganz anders die Erwartungshaltung der Telemedizin-Branche. Die Automatisierung von Routineaufgaben werde zum Standard, sagt Dr. Jens Härtel voraus, Geschäftsführer von Vilua, einem Entwickler datenbasierte Gesundheitsservices. Eine 24/7-Beobachtung könne ganz neue Erkenntnisse liefern, noch mehr Daten bessere Prognosen ergeben. Der Entwickler sieht darin Vorteile: Der Arzt habe durch die Technik mehr Möglichkeiten, wieder in die Interaktion zu gehen.

Jesko Bartelt von der in London ansässigen Online-Praxis DrEd, betont zwar, man brauche den Arzt um mit "gesundem Menschenverstand" zu sehen, was mit dem Patienten los sei, sieht aber in manchen Bereichen den Computer durchaus vorn: So könnten beim Erkennen von Hautkrebsmustern Algorithmen präziser sein als der Arzt. Dazu nannte er Zahlen, wonach beim Aufspüren von Melanomen der Algorithmus im Schnitt eine Genauigkeit von 90 Prozent erzielen würde, Ärzte kämen auf ein Wert von 76 Prozent.

Arzt versus Algorithmus

In fünf Jahren sei es seiner Ansicht nach der Normalfall, dass der Arzt vom Computer unterstützt werde. Im E-Health-Geschäft will DrED-Betreiber Health Bridge kräftig mitmischen, wie dessen Deutschland-Direktor Bartelt ankündigt: Wenn die Telematikinfrastruktur kommt, habe man "ein großes Interesse daran", hier mit zuspielen.

Patientenberater Schenkel fordert eine größere Vision: "Mir fehlt bei der aktuellen Diskussion völlig der Punkt, was das Ziel des Ganzen ist." Es könne doch nicht nur um das Erstellen einer Infrastruktur gehen, vielmehr müsse ein Ziel ausgerufen werden, wie die Versorgung von chronisch Kranken zu verbessern.

Der Beruf des Arztes werde sich verändern, prophezeit Härtel von Vilua, "er hat das in den letzten 100 Jahren getan und wird dies auch in den nächsten 100 Jahren tun". Aber er wird nicht überflüssig, gibt sich KBV-Vorstand Kriedel an den Nachwuchs gewandt überzeugt: "Wer jetzt Medizin studiert: Studieren Sie weiter, wir brauchen Sie noch!"

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