Ärzteinitiative gegen Fluglärm sieht sich bestätigt

KÖLN (frk). Die "Ärzteinitiative für ungestörten Schlaf" im Rhein-Sieg-Kreis sieht sich bestätigt: Eine groß angelegte epidemiologische Studie legt einen Zusammenhang zwischen nächtlichem Fluglärm und gesundheitlichen Beeinträchtigungen nah.

Veröffentlicht:

Für die Studie wertete der von der Ärzteinitiative beauftragte Bremer Epidemiologe Professor Eberhard Greiser Daten von mehr als 809 000 Versicherten von sieben gesetzlichen Krankenkassen aus. Dies entspricht 42 Prozent der Bevölkerung der Region Köln, Rhein-Sieg-Kreis und Rheinisch-Bergischer Kreis. Die Daten zur Lärmbelastung einzelner Gebiete lieferte der Flughafen Köln/Bonn.

Greiser kommt zu dem Schluss, dass Flughafen-Anwohner, die zwischen drei und fünf Uhr morgens Lärm von 46 bis 61 Dezibel ertragen müssen, wesentlich häufiger spezifische Medikamente verordnet bekommen als Anwohner in weniger oder nicht belasteten Gebieten. So wurden Frauen, die einer besonders starken Geräuschbelästigung ausgesetzt waren, zu 66 Prozent häufiger blutdrucksenkende Mittel verschrieben als in Vergleichsregionen, den Männern zu 24 Prozent häufiger.

Gravierender Einfluss beischwer erkrankten Patienten

Noch gravierender sei der Einfluss bei schwerer erkrankten Patienten, die nicht nur Blutdrucksenker sondern auch andere Medikamente gegen Herz/Kreislauferkrankungen einnehmen, so Greiser. Bei den Frauen fand sich bei starkem Fluglärm eine Erhöhung der Verordnungshäufigkeit um 184 Prozent, bei Männern um 44 Prozent. Dass sich die Effekte bei Frauen deutlicher als bei Männern zeigen, liege daran, dass Frauen häufiger einen niedergelassenen Arzt konsultieren und deswegen auch häufiger Arzneimittelverordnungen erhalten.

"Die Studie sichert endlich die Plausibilität unserer These ab, dass Fluglärm krank macht", sagt Dr. Gerda Noppeney, Vorsitzende der Ärzteinitiative, die sich schon seit Jahren für ein Nachtflugverbot für den Flughafen Köln/Bonn einsetzt (wir berichteten). Bisher stießen die Mediziner dabei auf viel Gegenwind: Ihre Patientenbefragungen, die gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Fluglärm fundieren sollten, wiesen Kritiker wegen Zweifeln an den Untersuchungsmethoden zurück.

Umstrittene Studie mit gesunden Probanden

Zudem legte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) 2004 eine eigene Studie vor, die genau das Gegenteil ergab, nämlich dass Fluglärm nicht zu gravierenden Schlafstörungen führe. Die Initiative kritisiert die DLR-Studie, da nur gesunde Probanden teilnahmen. "Nun können wir zeigen, dass das Ergebnis des DLR nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragbar ist", meint Noppeney.

Jetzt müssten die Studienergebnisse auf politischer Ebene Gehör finden. "Wir streben einen Termin bei der Landesregierung in Düsseldorf an", so Noppeney. Auch in Berlin und Brüssel wolle man um Verständnis werben.

Einige Mitstreiter hat die Initiative schon gefunden: Die Grünen in Nordrhein-Westfalen haben die Studie bereits aufgegriffen und im Landtag eine Kernruhezeit von Mitternacht bis fünf Uhr für den Flughafen Köln/Bonn gefordert.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Jahrestagung der Gefäßmedizin

Neue S3-Leitlinie zu pAVK wertet konservative Therapie auf

Lesetipps
Christof C. Chwojka sieht viele Baustellen, die der Rettungsdienst hat. Vorgaben des Bundes würde er begrüßen.

© www.marco-urban.de

Bereichs-Geschäftsführer Chwojka im Interview

Björn Steiger Stiftung: Das muss sich beim Rettungsdienst ändern

Die vier Jahreszeiten

© Jaroslav Machacek / stock.adobe.com

Hinweis auf saisonabhängige Wirksamkeit

Die beste Jahreszeit für eine Krebsimmuntherapie