Diabetes

Aggressive Blutdrucksenkung bremst kognitiven Abbau nicht

Bei fortgeschrittener Diabeteserkrankung noch alle Register zu ziehen, um den Blutdruck auf sehr niedrige Werte zu senken, scheint kognitivem Leistungsverlust nicht vorzubeugen.

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Den Blutdruck besonders intensiv senken, um dem kognitiven Abbau bei älteren Diabetikern vorzubeugen? Diese Rechnung scheint nicht aufzugehen.

Den Blutdruck besonders intensiv senken, um dem kognitiven Abbau bei älteren Diabetikern vorzubeugen? Diese Rechnung scheint nicht aufzugehen.

© Kzenon/fotolia.com

WINSTON-SALEM. Die ACCORD-Studie steht für den Versuch, mittels aggressiver Korrektur von Risikofaktoren Folgeschäden des Typ-2-Diabetes im relativ fortgeschrittenen Krankheitsstadium zu minimieren. Daran beteiligt waren 10.251 Patienten, deren Diabetes im Schnitt bereits seit 10 Jahren bestand.

Der Versuch, durch eine aggressive Blutzuckersenkung auf HbA1c-Werte unter 6 Prozent kardiovaskulären Ereignissen vorzubeugen, ging gründlich schief. Dieser Studienarm ist wegen einer Zunahme der Mortalität 2008 vorzeitig gestoppt worden.

Jetzt sind die ACCORD-Ergebnisse zur forcierten Blutdrucksenkung und zur intensivierten Lipidsenkung publiziert worden (JAMA Int Med, online 3. Februar). Auch diese Behandlungsstrategien brachten im Vergleich zu Standardtherapien nicht den erhofften Erfolg.

Kognitive Leistungsfähigkeit nach 40 Monaten gemessen

In der ACCORD-Substudie MIND (Memory in Diabetes) sind 2977 Diabetiker zwei Gruppen zugeteilt worden, in denen der systolische Blutdruck entweder auf niedrige Werte unter 120 mmHg oder - der üblichen Praxis entsprechend - auf Werte unter 140 mmHg gesenkt werden sollte.

Zu Beginn sowie nach 20 Monaten und 40 Monaten hatten diese Patienten jeweils eine ganze Serie von kognitiven Funktionstests zu absolvieren.

In die Substudie wurden nur Diabetiker aufgenommen, die zu Beginn keine kognitiven Defizite aufwiesen und deren HbA1c-Werte niedriger als 7,5 Prozent waren.

Den Zielvorgaben entsprechend gelang es, den Blutdruck in beiden Gruppen auf unterschiedliche Höhe zu bringen. Nach 40 Monaten lagen die systolischen Werte im Schnitt bei 119,0 mmHg (intensive Therapie) versus 133,2 mmHg (Standardtherapie). Auswirkungen auf den nach 40 Monaten gemessenen Rückgang der kognitiven Leistungsfähigkeit hatte die stärkere Senkung jedoch nicht.

Eine Subgruppe von 1538 Diabetikern hatte zudem additiv zu lipidsenkender Therapie mit Statinen entweder ein Fibrat oder Placebo erhalten. Auch die erweiterte Lipidtherapie blieb ohne erkennbaren Einfluss auf kognitive Funktionen.

Ergebnisse stützen Leitlinien

Eine Überraschung: Per Magnetresonanz-Bildgebung vorgenommene Messungen des Hirngesamtvolumens ergaben, dass die Abnahme dieses Volumens als Zeichen einer Hirnatrophie in der Gruppe mit intensiver Blutdrucksenkung ausgeprägter war als in der Gruppe mit Standardtherapie.

Dieser Unterschied ist aber offensichtlich in den Funktionstests nicht zum Ausdruck gekommen.

Insgesamt stützen die neuen ACCORD-Ergebnisse die in den Leitlinien inzwischen vollzogene Abkehr von den zuvor empfohlenen strikteren Zielwerten für die Blutdrucksenkung bei Diabetikern. (ob)

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