Akustischer Stimulator lindert Tinnitus

Seit kurzem ist ein neues Gerät gegen chronischen Tinnitus auf dem europäischen Markt zugelassen: Der Tinnitus-Stimulator dämpft das Klingeln im Ohr durch gezielte akustische Reize.

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Per akustischer Stimulation lassen sich Tinnitus erzeugende Nervennetzwerke im Hirn umbauen.

Per akustischer Stimulation lassen sich Tinnitus erzeugende Nervennetzwerke im Hirn umbauen.

© Gary Cornhouse / fotolia.com

JÜLICH (eb). Der Stimulator mit der Bezeichnung T30CR basiert auf Arbeiten aus dem Forschungszentrum Jülich. Entwickelt hat ihn das Jülicher Unternehmen Adaptive Neuromodulation (ANM). "Über zehn Jahre systematische wissenschaftliche Arbeit im Forschungszentrum münden nun in Hilfe für Patienten, und dies bei einer Krankheit, von der sehr viele Menschen betroffen sind", so Professor Sebastian Schmidt vom Forschungszentrum Jülich in einer Mitteilung des Zentrums.

Belästigung durch Tinnitus nimmt kontinuierlich ab

Den Nutzen bei Tinnitus bestätigen erste Ergebnisse einer Studie, die Professor Peter Tass, Direktor des Instituts für Neurowissenschaften und Medizin im Forschungszentrum Jülich, präsentierte: Die Lautstärke der Ohrgeräusche und die empfundene Belästigung durch den Tinnitus nahmen kontinuierlich ab - nach zwölf Behandlungswochen bereits um 40 und 33 Prozent, in der Placebogruppe hingegen nur um 9 und 8 Prozent. Die Tinnitus-Frequenz wurde zudem tiefer und damit angenehmer. Tass ergänzt: "Bei einigen Patienten ist ein Tinnitus-Ton, der schon über viele Jahre bestand, bereits komplett verschwunden." Die bisherigen Ergebnisse basieren auf dem Zwischenstand einer klinischen Studie bei 45 Patienten.

Eingesetzt wird der Stimulator derzeit für die Behandlung bei chronischem, subjektivem, tonalen Tinnitus. Dabei verursachen Fehlsteuerungen im Gehirn das permanente Ohrgeräusch: Statt gezielt und nacheinander feuern Nervenzellen übermäßig und gleichzeitig Signale ab. Diesen Gleichtakt unterbricht der Neurostimulator. Durch gezielte akustische Reize stört er die krankhaft überaktiven, hochsynchronen Nervenzellverbände und führt sie so in ein "gesundes Chaos" zurück.

Durch gezielte akustische Reize stört dieses Gerät krankhaft überaktive Nervenzellverbände.

Durch gezielte akustische Reize stört dieses Gerät krankhaft überaktive Nervenzellverbände.

© Adaptive Neuromodulation GmbH

Basis der Behandlung ist die sogenannte Coordinated Reset (CR) Technologie, die Tass am Forschungszentrum Jülich in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Die Bezeichnung CR steht für einen mathematisch-physikalischen Stimulationsalgorithmus, der schwache Impulse, individuell angepasst, zu verschiedenen Zeiten an die synchronen Nervenzellverbände schickt und sie so "aus dem Takt" bringt. "Das Besondere an dem Verfahren ist: Durch diese Stimulation bauen sich die Nervennetzwerke im Hirn wieder um. Deshalb erreichen wir mit unserem Stimulator auch nicht nur eine maskierende Wirkung, sondern eine dauerhafte Linderung der Krankheit", sagt Tass. "Die ehemals betroffenen Nervenzellverbände verlernen den krankhaften Gleichtakt."

Patient trägt den Stimulator mehrere Stunden am Tag

In der Praxis erfolgt die Therapie bei einem HNO-Facharzt, der bei einer ausführlichen Anamnese erst das individuelle akustische Tinnitus-Profil des Patienten aufnimmt. Dann programmiert er den streichholzschachtelgroßen Stimulator entsprechend mit einer koordinierten Tonfolge, deren Lautstärke knapp über der Hörschwelle liegt. Der Patient trägt den Stimulator mit seinen medizinischen Kopfhörern für mehrere Stunden pro Tag über einen Zeitraum von mehreren Monaten und danach nur noch nach Bedarf.

Die Anwendung erfolgt zu Hause. Die Kosten liegen bei etwa 2500 Euro plus etwa 500 Euro Behandlungskosten durch den Arzt. Der Patient erhält dabei ein Rückgaberecht für das Gerät für den Fall, dass die Therapie nicht anspricht.

Weitere Informationen: www.anm-medical.com

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