Transplantation

Alternative Kunstherz

Künstliche Herzpumpen könnten immer mehr zur Alternative für echte Herztransplantationen werden. Die rückläufige Zahl bei den Organspenden ist nur ein Grund dafür.

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Implantierbares Kunstherz.

Implantierbares Kunstherz.

© Greg S. Fulton/BVMed

BERLIN. Professor Roland Hetzer, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlins (DHZB), sieht in der Herzchirurgie einen deutlichen Trend: "Operationen, in denen wir künstliche Herzsysteme implantieren, werden in den nächsten Jahren weiter zunehmen."

Schon jetzt übersteige die Zahl der Kunstimplantate die der echten Herztransplantationen um ein Vielfaches. So wurden am DHZB 2013 beispielsweise 170 Kunstherzsysteme eingesetzt, jedoch nur 22 gespendete Herzen transplantiert. Anfang der 1990er Jahr lag deren Zahl noch bei knapp 120 pro Jahr.

Dies habe mehrere Ursachen, erklärte Hetzer vor Journalisten in Berlin: Zum einen gehe die Zahl der Spenderorgane seit Jahren zurück, zum anderen gebe es mittlerweile sehr ausgefeilte technische Systeme.

"Künstliche Herzpumpen wurden früher nur zur Überbrückung eingesetzt, bis ein Spenderorgan zur Verfügung stand. Heute werden sie zu einer Alternative gerade auch für ältere Menschen, für die eine Transplantation gar nicht mehr in Frage kommt", sagte Hetzer.

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) konstatiert ebenso einen weiteren Rückgang an Spenderorganen. So gab es laut DSO in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 513 Organspender, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 548. Die Zahl der Wartenden ist indes hoch: Aktuell warten in Deutschland, 10.702 Menschen auf ein Organ - etwa 8.000 davon auf eine Niere.

Das DHZB erhält inzwischen die meisten Organangebote aus dem Ausland, sagt der leitende Oberarzt Christoph Knosalla. Da Entnahme und Transplantation jedoch nicht mehr als vier Stunden auseinander liegen sollten, sei eine Op aufgrund der räumlichen Distanz nicht immer möglich.

75.000ste Operation am offenen Herzen

Das DHZB zählt mit rund 75.000 Operationen am offenen Herzen und 1800 Transplantation zu den erfahrendsten Kliniken in der Herzchirurgie. Eine der Patientinnen ist Julia Müller: Die 34 Jahre alte Berlinerin wurde 2006 mit Herzinsuffizienz diagnostiziert und daraufhin behandelt.

Dennoch war sie im Sommer 2013 schließlich zu schwach zum Treppen steigen und rückte Anfang 2014 auf die Liste mit der höchsten Dringlichkeitsstufe.

Mitte Juli stand ein Herz zur Verfügung, der Eingriff konnte erfolgen. Jetzt war sie seit Jahren wieder mal mit dem Fahrrad unterwegs. "Sieben Kilometer habe ich in 20 Minuten geschafft", freut sie sich. Patient Bernhard Grams hat dagegen seit Kurzem ein Kunstherz.

Eine Tasche mit Akkus, die über ein Kabel mit der künstlichen Herzpumpe verbunden sind, ist sein ständiger Begleiter. "Auch bei den Kunstherzimplantaten stehen wir mit bislang 2300 Operationen weltweit an der Spitze", sagt Knosalla. (wer)

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Kommentare
Almut Rosebrock 18.08.201407:42 Uhr

Gute Nachrichten

Warum hört und liest man davon sonst in der Presse nichts?
Für jedes transplantierte Echt-Herz muss vorher ein Mensch sterben.
Jede andere Alternative, die einem Patienten zum (besseren) Weiterleben verhilft, muss genutzt und auch weiterentwickelt werden.
Früher war auch noch von Schweineherzen die Rede - wird dahingehend eigentlich noch geforscht oder praktiziert?
Ich habe eine Bekannte, der schon eine Herztransplanation "angeboten" wurde. Sie hat sich jedoch dafür entschieden, mit ihren SCHWACHEN Herzen zu leben - und es geht inzwischen ganz gut.
Die High-Tech-Medizin kann auch zur Verführung werden.

Dr. Martin P. Wedig 16.08.201421:40 Uhr

Unausgeschöpftes Entwicklungspotential

Das unausgeschöpfte Entwicklungspotential bei Kunstherzen spricht dafür deren Implantationen zu fördern. Bei biologischen Transplantaten kann die Spendebereitschaft nicht bedarfsgerecht entwickelt werden. Jede graduelle Verbesserung verbessert mittelbar auch die Chance für ein biologisches Transplantat.

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