Bald Revision der Diabetes-Diagnostik?
NEW ORLEANS (ob). Eine internationale Expertenkommission hat jetzt eine Revision in der Diabetes-Diagnostik vorgeschlagen: An die Stelle der traditionellen Messung des Nüchtern-Blutzuckers soll demnach die HbA1c-Messung als diagnostisches Kriterium treten.
Veröffentlicht:Seit Jahrzehnten wird ein Diabetes mellitus diagnostiziert, wenn der im Nüchternzustand oder nach oraler Glukosebelastung gemessene Plasmaglukosespiegel einen definierten Schwellenwert überschritten hat. Nach den jetzt vorgestellten neuen Empfehlungen ist ein Mensch künftig dann ein Diabetiker, wenn sein HbA1c-Wert höher als 6,5 Prozent ist.
Warum diese Änderung? Zunächst einmal deshalb, weil der HbA1c die chronische Glukosebelastung des Körpers weitaus verlässlicher anzeigt als jede Einzelmessung der Plasmaglukose, betonte Professor David Nathan bei der Vorstellung der Empfehlungen auf dem amerikanischen Diabeteskongress in New Orleans.
Dass die HbA1c-Messung nicht schon früher für die Diabetes-Diagnostik herangezogen worden ist, lag vor allem am Fehlen der Standardisierung. In diesem Punkt seien aber inzwischen deutliche Fortschritte erzielt worden, so Nathan: Die Genauigkeit der HbA1c-Messung sei heute mindestens so gut wie die der Glukose-Messung.
Auch als Index für diabetische Spätkomplikationen sind beide Methoden gleichermaßen geeignet. Wie Nathan mit Hinweis auf epidemiologische Studien erläuterte, korrelieren HbA1c-Veränderungen genauso eng mit der künftigen Entwicklung von Retinopathien wie Veränderungen der Plasmaglukose. Danach steigt das Retinopathie-Risiko bei HbA1c-Werten über 6,5 Prozent deutlich - für Nathan ein "starkes Argument", hier den neuen Schwellenwert für die Diabetes-Diagnose anzusiedeln.
Der HbA 1c spiegelt die Glukosebelastung gut wider.
Die Variabilität der HbA 1c -Werte sei deutlich geringer als die der Glukosespiegel. Zudem werde die Diagnostik vereinfacht, da die HbA 1c -Messung im Gegensatz zur Bestimmung des Nüchtern-Blutzuckers jederzeit und ohne besondere Vorbereitung vorgenommen werden könne.
Ob der Vorschlag von der Fachwelt angenommen wird, bleibt abzuwarten. Nach der Vorstellung in New Orleans mangelte es nicht an kritischen Stimmen, die vor einer "Verwirrung" in der Diagnostik warnten. Nathan hielt dagegen, die Antizipation von Problemen bei der Umstellung sei kein Grund, auf den diagnostischen Fortschritt zu verzichten.
Lesen Sie dazu auch: Weniger KHK nach intensiver Senkung des Blutzuckers