Bei Ovarial-Ca sind sorgfältige Op plus Chemo das A & O

Bei leitliniengerechter Therapie leben nach vier Jahren noch 60 Prozent aller Frauen mit Ovarial-Ca, bei suboptimaler Therapie aber nur 25 Prozent. Jeder noch so kleine Tumorrest verschlechtert die Prognose.

Von Ingeborg Bördlein Veröffentlicht:
Sektionspräparat eines Ovarialkarzinoms. Solche Malignome befinden sich bei der Diagnose meist in fortgeschrittenen Stadien.

Sektionspräparat eines Ovarialkarzinoms. Solche Malignome befinden sich bei der Diagnose meist in fortgeschrittenen Stadien.

© Luesley

HEIDELBERG. Die Qualität der Behandlung beim Ovarialkarzinom ist in den letzten Jahren gesteigert worden, aber sie muss noch weit besser werden.

Diesen Schluss zieht der Essener Gynäkologe Professor Andreas du Bois aus den neuesten Ergebnissen seiner bereits vor zehn Jahren begonnenen Erhebung zur Qualitätssicherung der Therapie beim Ovarialkarzinom in Deutschland, die er für die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) gemacht hat.

Entscheidend für Heilungserfolg und Überleben sei vor allem eine sauber vorgenommene radikale Operation und in der Folge eine leitliniengerechte Chemotherapie, sagte du Bois zur "Ärzte Zeitung". Werden die Patientinnen lege artis therapiert, leben nach vier Jahren noch 60 Prozent, bei einer suboptimalen Therapie dagegen nur 25 Prozent.

"Die makroskopisch komplette Resektion muss das Ziel der Primäroperation sein", fordert Professor Barbara Schmalfeldt von der Frauenklinik der TU München. Denn jeder noch so kleine verbleibende Tumorrest (1 bis 10 mm) verschlechtere die Prognose signifikant.

70 Prozent der Tumoren werden spät diagnostiziert

Die Crux beim Ovarialkarzinom: Etwa 70 Prozent der Tumoren werden infolge unspezifischer und später Symptome wie Bauchschmerzen, Völlegefühl und Blähungen sowie mangels effektiver Screeningmethoden erst in fortgeschrittenen Stadien (FIGO IIB - IV) entdeckt.

Die Geschwulste haben sich dann meist schon in der Bauchhöhle ausgebreitet. Entsprechend anspruchsvoll sind die Op-Vorgaben. Auch wenn der Tumor auf den Eierstock begrenzt zu sein scheine, seien die Exploration und Entnahme von Gewebeproben aus der gesamten Bauchhöhle zwingend, so Schmalfeldt.

Durch die Lage der Eierstöcke inmitten des Bauchraums könnten sich Tumornester in Darm, Bauchfell, Zwerchfell und anderen Organen im Bauchraum befinden.

Durch die Qualitätsoffensive der Kommission Ovar der AGO sind die Operationsergebnisse besser geworden: Früher gelang es bei solchen Patientinnen nur in jedem vierten Fall, komplett tumorfrei zu operieren. Heute kann nach Angaben von Schmalfeldt auch in diesen Fällen noch 100-prozentige Tumorfreiheit erreicht werden.

In frühen Stadien genügt Carboplatin-Monotherapie

Die Chemotherapie wird in der Primärbehandlung bei über 90 Prozent der Patientinnen inzwischen "auf hohem Niveau" durchgeführt, wie die aktuellen Daten belegen. Standard ist nach den AGO-Leitlinien eine Kombinationstherapie aus Carboplatin und Paclitaxel über sechs Zyklen im Abstand von drei Wochen.

Das gilt für fortgeschrittene Stadien FIGO IIB - IV. In früheren Stadien FIGO I - II A werde derzeit eine Carboplatin-Monotherapie als ausreichend angesehen, sagte du Bois. Beim Stadium IA (auf den Eierstock begrenzt) und hoch differenziertem Tumor ist gar keine Chemotherapie indiziert.

Interessante Ergebnisse hat eine japanische Studie bei Patientinnen in den fortgeschrittenen Stadien II - IV mit einem dosisdichten Therapieregime, nämlich der wöchentlichen Gabe von Paclitaxel erbracht.

Die Frauen hatten im dosisdichten Arm ein signifikant besseres progressionsfreies Überleben: 26 Monate versus 17,2 Monate im Standardarm. Auf das Gesamtüberleben hat sich die Dosisintensivierung aber nicht ausgewirkt. Diese Ergebnisse seien beachtlich, so Schmalfeldt, hätten aber noch keine therapeutischen Konsequenzen, da weitere Daten abgewartet werden müssten.

Die intraperitoneale Chemotherapie habe das Überleben letztlich nicht verbessern können, erklärte die Münchner Gynäkologin.

Welchen Nutzen bringen die Biologicals für die Ersttherapie und für die rezidivierte Situation? Die meisten Daten liegen Schmalfeldt zufolge bisher zum Angiogenesehemmer Bevacizumab vor. So lebten in der GO-218-Studie Frauen mit fortgeschrittenem Ovarial-Ca, die zusätzlich zur Chemotherapie über sechs Zyklen eine Erhaltungstherapie über 15 Monate mit Bevacizumab erhalten hatten, länger progressionsfrei als Frauen mit alleiniger Chemotherapie.

Mit dem Angiogenesehemmer wurde die progressionsfreie Zeit um im Mittel 3,7 Monate im Vergleich zum Standard verbessert. Die Daten für das Gesamtüberleben stehen noch aus.

Bevacizumab bessert das progressionsfreie Überleben

In der ICON-7-Studie, an der auch die AGO-Studiengruppe teilgenommen hat, wurde der therapeutische Nutzen von Bevacizumab in der First-Line-Therapie untersucht. Der postoperativ verbliebene Tumorrest betrug in dieser Studie bei drei Viertel der Frauen < 1 cm. Der Vorteil in Bezug auf das progressionsfreie Überleben betrug nach einer zwölfmonatigen Therapie mit Bevacizumab 1,7 Monate.

Stiefkind der Therapie ist nach Angaben von du Bois nach wie vor die Rezidivsituation. Jede zweite Frau im FIGO-Stadium I - IV bekommt früher oder später ein Rezidiv. Unter ihnen wird nur jede zweite Frau leitliniengerecht behandelt.

Die Erhaltung der Lebensqualität sollte hier im Vordergrund stehen. Für die Frauen selbst ist nach einer Online-Umfrage außer der Effektivität die Verträglichkeit von großer Bedeutung.

In der Therapie beim Ovarialkarzinom-Rezidiv ist zwischen Platin-sensiblem und Platin-refraktärem Rezidiv zu unterscheiden. Im ersten Fall zeigt die Kombinationstherapie mit Carboplatin und pegyliertem liposomalen Doxorubicin den besten Behandlungserfolg.

Wenn die Patientin die platinhaltige Therapie nicht verträgt oder eine platinfreie Therapie bei 6- bis 12-monatigem Intervall seit der Ersttherapie gegeben werden soll, empfiehlt die AGO eine Kombination des pegylierten liposomalen Doxorubicins mit dem Alkaloid Trabectedin, das gut verträglich sei.

Große Hoffnungen ruhen nach Angaben der Experten derzeit auch auf den Polymerasehemmern, kurz PARP-Hemmern. Das PARP-Enzym hat eine Schlüsselfunktion bei der Reparatur von DNA. Besonders bei Patientinnen mit BRCA-Mutationen im rezidivierten Stadium, aber auch bei sporadischen Karzinomen hat der PARP-Hemmer Olaparib in Phase-I- und -II-Studien ein gutes Ansprechen gezeigt.

Bundesweit bereits 53 zertifizierte Zentren

Inzwischen gibt es in Deutschland 53 zertifizierte gynäkologische Krebszentren, die analog zu den Brustzentren bestimmte Qualitätsstandards wie Mindest-Operationszahlen und leitliniengestützte Therapien etwa auch in Bezug auf das Ovarialkarzinom erfüllen. Wo sich diese zertifizierten Krebszentren im Einzelnen befinden, lässt sich auf der Homepage der Deutschen Krebsgesellschaft rasch nachlesen.

www.krebsgesellschaft.de/ wub_zertifizierung_krebszentren_gyn_liste,120894.html

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