Bei latenter Hypothyreose warten Spezialisten oft erstmal ab

BERLIN (gvg). Soll man bereits bei latenter Hypothyreose L-Thyroxin substituieren? Das diskutieren Spezialisten derzeit. Beim Charité Fortbildungsforum - Deutschen Ärztekongreß in Berlin wurde für Zurückhaltung plädiert. Doch auch bei gering erhöhtem TSH kann eine Therapie indiziert sein, etwa bei Schwangeren.

Veröffentlicht:

Bei latenter Hypothyreose ist die Serumkonzentration der Schilddrüsenhormone im Normbereich. Der TSH-Wert dagegen liegt über der oberen Normgrenze von 4 mU / l. "Es gibt wenig Evidenz dafür, daß die Behandlung mit L-Thyroxin bei diesen Patienten Sinn macht. Es gibt aber auch wenig Evidenz dagegen. Es gibt einfach kaum Studien", sagte Privatdozent Joachim Spranger aus Nuthetal in Berlin.

So lieferten Querschnittsstudien zwar Hinweise darauf, daß kardiovaskuläre Erkrankungen bei Menschen mit latenter Hypothyreose häufiger seien als bei Menschen ohne diese Störung. Auch sei ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß einer latenten Hypothyreose und einem Anstieg von Serum-Cholesterin und LDL belegt. Die einzige prospektive Therapiestudie mit L-Thyroxin habe keinen Effekt auf den Cholesterinstoffwechsel gezeigt, so Spranger.

    Eine L-Thyroxin-Therapie empfehlen Spezialisten bei TSH über 10 mU/l.
   

Und: Prospektive Untersuchungen zum Gesamtüberleben deuteten eher auf ein längeres als auf ein kürzeres Leben von Menschen mit latenter Hypothyreose hin.

Wann also sollte bei latenter Hypothyreose und unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit oder Konzentrationsschwäche behandelt werden? Bei mäßig erhöhtem TSH-Wert (bis 10 mU / l) empfiehlt Spranger, TSH nach einem Monat erneut zu messen. Ist der Wert wieder erhöht, sollten Schilddrüsenantikörper wie TPO (thyreoidale Peroxidase) bestimmt und eine Sonographie veranlaßt werden. Erhöhte TPO-Antikörper-Titer und erhöhtes TSH zeigen eine Autoimmunthyreoiditis mit Funktionsminderung an.

"Bei einem Nachweis von TPO-Antikörpern kann mit einer Therapie begonnen werden", so Professor Christof Schöfl aus Berlin. Aber: "Auch eine abwartende Strategie mit erneuter Kontrolle nach einem Jahr ist gerechtfertigt", so Spranger.

Bei TSH-Werten über 10 mU / l empfehlen die Experten, in jedem Fall mit der L-Thyroxin-Therapie zu beginnen, wenn TSH bei einer Kontrolle nach einem Monat wieder erhöht ist. Für eine Substitution schon bei leicht erhöhtem TSH-Wert spreche auch eine bestehende oder geplante Schwangerschaft, so Schöfl.

Mehr zum Thema

Schilddrüsenwoche 2024

Eine Autoimmunthyreoiditis kommt selten allein

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen