CT oder MRT: Orientierungshilfe zur Herzbildgebung

Zum ersten Mal haben die Fachgesellschaften der Kardiologen und Radiologen gemeinsame Konsensus-Empfehlungen erarbeitet, in denen der Stellenwert von CT und MRT bei Herzerkrankungen bewertet wird.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Neue Konsensus-Empfehlungen geben Orientierung bei der Anwendung der CT- und MRT-Bildgebung.

Neue Konsensus-Empfehlungen geben Orientierung bei der Anwendung der CT- und MRT-Bildgebung.

© Andrey Ushakov

MANNHEIM. Die Bildgebung des Herzens mittels Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung vollzogen.

Die Darstellungsmöglichkeiten haben sich dabei enorm verbessert. Beide Verfahren sind hinsichtlich ihrer klinischen Anwendung intensiv evaluiert worden. Sie werden immer breiter eingesetzt.

Doch beide Untersuchungsmethoden sind auch technisch anspruchsvoll, teuer und mit Nachteilen verbunden, etwa mit Strahlenbelastung bei der CT.

Deswegen sollte man "sich genau überlegen, bei welcher klinischen Fragestellung welches Verfahren den besten Beitrag liefern kann", so der Kardiologe Professor Stephan Achenbach aus Gießen für die Klinische Kommission der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) bei einer Pressekonferenz auf der DGK-Jahrestagung.

Über diese Fragestellung informieren nun erstmals Konsensus-Empfehlungen, welche von den Fachgesellschaften der Kardiologen, Kinderkardiologen und Radiologen gemeinsam erarbeitet und nun zeitgleich in den Organen der Fachgesellschaften publiziert wurden (Der Kardiologe 2012; 6 (2): 105-125).

Konsensus bahnbrechend

Professor Eckart Fleck, Deutsches Herzzentrum Berlin und DGK-Pressesprecher, nennt diesen interdisziplinären Konsens bahnbrechend: "Das Konsensus-Papier bewertet jetzt jeweils klar, ob CT oder MRT für eine spezielle Fragestellung das Verfahren der ersten Wahl ist, einen sinnvollen Beitrag liefern kann, oder aber gar nicht oder nur eingesetzt werden soll, wenn andere bildgebende Verfahren zu keiner eindeutigen Diagnose führen."

Auch von radiologischer Seite zeigte man sich zufrieden. "Das war eine hervorragende interdisziplinäre Kooperation. Wir sind sehr froh über dieses umfassende Werk, welches dezidierte Auskunft über den Stellenwert von CT und MRT bei 110 klinischen Szenarien gibt", so Professor Roman Fischbach aus Hamburg.

"Wir haben die ganze klinische Kardiologie in Raster zerlegt und sind dann von großen Erkrankungsgruppen ausgegangen, um für einzelne Krankheitsbilder bzw. Fragestellungen konkrete Empfehlungen auszusprechen", erläuterte Achenbach.

Dabei wurden CT und MRT von kleinen Expertengruppen für jedes klinische Szenario - asymptomatisch, symptomatisch, bereits therapiert - nach folgendem Muster bewertet:

I1: Zuverlässig einsetzbar und anderen Verfahren überlegen

I2: Diagnostische Genauigkeit vergleichbar mit anderen Verfahren

I3: Einsatz möglich und validiert, Indikation aber nur in Einzelfällen gegeben

U: Unklare Indikation

K: Keine Indikation

CT und MRT gezielter einsetzen

Das Konsensus-Papier wird nach Achenbachs Einschätzung nicht dazu führen, dass der Einsatz von CT und MRT ausgeweitet wird, sondern eher, dass die Verfahren wesentlich gezielter eingesetzt werden.

"Eines unserer Ziele war, einem überbordenden Einsatz der Verfahren einen Riegel vorzuschieben. Wir waren sehr kritisch und zurückhaltend in der Bewertung, und das hat uns auch schon Protestbriefe einiger Kollegen eingebracht", so Achenbach.

Insgesamt wurden für das CT nur sechs Mal und für das MRT 33 Mal die höchste Bewertung I1 vergeben.

In der KHK-Diagnostik haben beide Verfahren im Screening ein K: keine Indikation.

Für die Bestimmung des Koronarkalks nennt das Papier nur eine kleine Nischenindikation als mögliche Alternative zur Risikostratifizierung bei Patienten mit intermediärem KHK-Risiko, nicht jedoch bei Patienten mit hohem oder niedrigem KHK-Risiko.

Nach Ansicht der Experten ist diese Methode nicht zukunftsträchtig. Als Methode der Wahl wurde das CT z.B. in folgenden Situationen bewertet: Aortendissektion, Lungenembolie, Koronaranomalien, Darstellung der Koronarvenen vor biventrikulärer Schrittmacherimplantation, Aortenklappe vor TAVI.

Die MRT ist die überlegene bildgebende Methode unter anderem bei der Abklärung von Myokarderkrankungen, bei Perikarditis, in der Vitalitätsdiagnostik bei schlechter Pumpfunktion, in der Abklärung kardialer Raumforderungen als Emboliequelle sowie bei zahlreichen Fragestellungen bei Anomalien der Semilunarklappen.

Wertvolle Orientierungshilfe

Das Konsensus-Papier bietet eine wertvolle Orientierungshilfe für Experten und Zuweiser, aber auch für Krankenhaus- und Kostenträger, betonte Fischbach.

Denn künftig werde zweifellos auch über die Entgelte verhandelt werden müssen, erklärte Fleck. Bisher gibt es für diese bahnbrechenden Methoden keine gesonderten Honorare.

Dabei zeigt schon heute beispielsweise das Euro-MRT-Register, dass ein Leitlinien-gerechter MRT-Einsatz Kosten spart, weil er 30 bis 40 Prozent der teureren Herzkatheter-Untersuchungen überflüssig macht, ergänzte Dr. Heiko Mahrholdt aus Stuttgart.

Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, dass die Leitlinien sehr solide und auf umfassender Literatur begründet sind, betonte Fleck.

Quelle: www.springermedizin.de

Mehr zum Thema

In der Sprechstunde

Risikokommunikation fördert kardiovaskuläre Prävention

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen