Koronarintervention

Chance auch noch für Hochbetagte

Ergebnisse der norwegischen "After Eighty Study" bestätigen: Auch alte Patienten über 80 Jahre mit einem Herzinfarkt ohne ST-Hebung profitieren von einer invasiven Strategie zusätzlich zur optimalen Arzneitherapie.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Der Nutzen der Koronarintervention zeigt sich bei Hochbetagten vor allem bei Infarktrate und notfallmäßiger Revaskularisierung.

Der Nutzen der Koronarintervention zeigt sich bei Hochbetagten vor allem bei Infarktrate und notfallmäßiger Revaskularisierung.

© Mathias Ernert, Klinikum Ludwigshafen

OSLO. Bereits die Metaanalyse der Studien FRISC II, ICTUS und RITA-3 hatte ergeben, dass Patienten mit einem Nicht-ST-Streckenhebungs-Infarkt (NSTEMI) von einem routinemäßigen invasiven Eingriff profitieren. Die Gruppe der Patienten über 80 Jahre war aber in entsprechenden Studien unterrepräsentiert.

Die "After Eighty Study" norwegischer Kardiologen um Dr. Nicolai Tegn von der Universitätsklinik in Oslo ist die erste Studie, in der geprüft wurde, ob auch Patienten dieser Altersgruppe von einem frühzeitigen zusätzlichen invasiven Vorgehen nach Koronarangiografie im Vergleich zur konservativen Strategie einen größeren Nutzen haben (Lancet, online 12. Januar 2016).

Randomisierte Studie

Der kombinierte Endpunkt der offenen randomisierten kontrollierten Studie bestand aus Myokardinfarkt, Notfallrevaskularisierung, Schlaganfall und Tod.

Myokardinfarkt war dabei definiert als eine Erhöhung der Kreatinkinase-MB oder des Troponins auf das Dreifache der 99. Perzentile der gesunden Referenzgruppe -vorausgesetzt, die Laborwerte des jeweiligen Patienten waren vor dem Eingriff normal.

Waren sie vor dem Eingriff dagegen erhöht, lag ein Herzinfarkt vor, wenn der Wert für Kreatinkinase-MB sechs Stunden nach dem Eingriff verdoppelt war.

Von 4187 Patienten mit NSTEMI oder instabiler Angina pectoris wurden zwischen 2010 und 2014 nach Anwendung von Ausschlusskriterien und Einverständniserklärungen insgesamt 457 Patienten von 16 Kliniken gleichmäßig auf die Gruppen mit zusätzlich invasiver und ausschließlich konservativer Therapie verteilt.

Ausschlusskriterien waren unter anderem kontinuierlicher Brustschmerz bei instabilem klinischem Verlauf, anhaltende Blutungsprobleme und Komorbiditäten, die die Lebenserwartung senkten.

Die meisten Patienten erhielten ASS, Clopidogrel, niedrigmolekulares Heparin, Betablocker und Statine. Bei 107 Patienten wurde eine perkutane Koronarintervention vorgenommen, sechs Patienten erhielten einen Koronar-Bypass.

Bis zur Koronarangiografie vergingen im Mittel drei Tage. Das Follow-up lag median bei 1,53 Jahren. Während dieses Zeitraumes wurde der primäre Endpunkt in der invasiven Gruppe bei 93 (41 Prozent) der Patienten erreicht, in der Vergleichsgruppe dagegen bei 140 (61 Prozent).

Das entspricht einer Hazard Ratio (HR) von 0,53 (95%-Konfidenzintervall zwischen 0,41 und 0,69; p = 0,0001), haben die Autoren berechnet. Die Wahrscheinlichkeit, den kombinierten Endpunkt zu erreichen, wurde somit um 47 Prozent verringert.

Reduktion der Myokardinfarktrate

Bei Betrachtung der einzelnen Parameter war der Unterschied allerdings nur beim Myokardinfarkt (HR: 0,52; 95%-Konfidenzintervall zwischen 0,35 und 0,76; p = 0,001) und bei der notfallmäßigen Revaskularisierung (HR: 0,19; 95%-Konfidenzintervall zwischen 0,07 und 0,52; p = 0,001) signifikant.

In absoluten Zahlen heißt das: 39 versus 69 Herzinfarkte und 5 versus 24 Revaskularisierungen. Die Häufigkeit von Blutungen unterschied sich dagegen in beiden Gruppen nicht signifikant, ebenso wenig das Risiko für Schlaganfall und Tod jedweder Ursache.

Die Effektivität der interventionellen Strategie sinkt der Studie zufolge jedoch mit dem Alter. Nach Ansicht von Tegn und seinen Kollegen lässt sich anhand der Ergebnisse nicht schließen, dass auch Patienten über 90 davon profitieren.

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