Manuskript aufgetaucht

Crispr-Babys: Experten zweifeln

Zwei angeblich gentechnisch veränderte Babys aus China hatten 2018 Aufsehen erregt. Von ihnen und vom Forscher fehlt jede Spur. Nun machen weitere Hinweise die Behauptungen des Forschers fraglich.

Veröffentlicht:

Berlin. Gut ein Jahr nach der Geburt der ersten angeblich mit der Crispr/Cas9-Technik genmanipulierten Babys in China zweifeln Experten den Erfolg des umstrittenen Eingriffs an. Sie hatten Manuskripte des verantwortlichen Forschers He Jiankui durchgesehen, die das Magazin „MIT Technology Review“ am Dienstag in Teilen veröffentlicht hatte. Diese belegten, dass He Jiankui zahlreiche ethische und wissenschaftliche Normen verletzt habe. Die Manipulationen, die die beiden Babys vor einer Ansteckung mit HIV schützen sollten, seien zudem vermutlich nicht in beabsichtigter Weise erfolgreich gewesen.

He Jiankui hatte im November 2018 die Geburt der Zwillinge „Lulu“ und „Nana“ auf der Video-Plattform „Youtube“ bekannt gegeben. Der Forscher berichtete, ihr Genom mittels Crispr/Cas9 so manipuliert zu haben, dass sie vor einer Ansteckung mit HIV geschützt sind. Sein Vorgehen rief in der Fachwelt und der Öffentlichkeit große Empörung hervor. He verschwand kurz darauf aus der Öffentlichkeit, es ist heute unklar, wo er sich befindet. Ebenso unklar ist, wie es den beiden Mädchen geht.

Die Manuskripte, die „MIT Technology Review“ per E-Mail erhalten hatte, seien vermutlich von He zur Begutachtung bei wissenschaftlichen Fachjournalen eingereicht worden, berichtet das Magazin. Darin sei von einem „medizinischen Durchbruch“ die Rede, der eine „Kontrolle der HIV-Epidemie“ ermöglichen könne. Auch das Wort „Erfolg“ tauche häufig im Zusammenhang mit der „neuartigen Therapie“ auf. Belege dafür fehlten allerdings weitgehend. Das Magazin teilte nicht mit, woher es die Manuskripte hat.

Vier Experten, die die Manuskripte durchgesehen hatten, kommen zu dem Schluss, dass He Jiankui eine natürliche vor HIV schützende genetische Mutation in den Embryonen nicht wie behauptet nachgemacht hatte. Diese Behauptung sei eine „unverhohlene Falschdarstellung der tatsächlichen Daten und kann nur mit einem Begriff beschrieben werden: absichtliche Lüge“, urteilt Dr. Fyodor Urnov, Genetiker an der University of California, Berkeley.

Nach Ansicht der Experten ist zudem nicht ausgeschlossen, dass die Manipulationen Off-Target-Effekte gehabt haben. Ethisch problematisch sei auch, dass die Eltern womöglich aus falschen Gründen den Versuchen zugestimmt haben, so die Experten. Der Vater sei HIV-infiziert. In China sei dem Paar deshalb die ärztliche Behandlung von Unfruchtbarkeit verwehrt.

Es sei denkbar, dass das Paar den Genmanipulationen nur zugestimmt habe, um eine solche Behandlung zu erhalten. Ein Schutz vor einer Ansteckung des Nachwuchses mit HIV über den Vater sei auch auf anderem Wege zu erreichen. (dpa)

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Präexpositionsprophylaxe

Befragung: HIV-PrEP schützt effektiv

Einsparungen bei Hilfsprogrammen

Virologe Streeck fürchtet Rückschritt beim Kampf gegen AIDS

Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion von Gilead Sciences beim DÖAK 2025 von links: Dr. Nazifa Qurishi, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie, Gemeinschaftspraxis Gotenring Köln; Kelly Cavalcanti, HIV-Aktivistin und Referentin für Gesundheit und Empowerment, Köln, und Martin Flörkemeier, Senior Director Public Affairs, Gilead Sciences, München

© Gilead

Unternehmen im Fokus

HIV-Versorgung: Vertrauen in unruhigen Zeiten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
In Deutschland leben derzeit etwa 96.700 Menschen mit einer HIV-Infektion.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Unternehmen im Fokus

Wie können wir die HIV-Epidemie beenden?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried b. München

Mit höherer Diagnoserate die HIV-Epidemie beenden

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried bei München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Urologen-Kongress

Prostatakrebs: Welche Neuerungen es in der Leitlinie gibt

Lesetipps