HINTERGRUND

Das Arzneimittelgesetz ist die schärfste Waffe gegen dopende Ärzte

Von Julia Kästner Veröffentlicht:

Die Dopinggeständnisse der drei Ärzte der Uniklinik Freiburg haben die Diskussion um die Bestrafung der Beteiligten wieder befeuert. Gestern wurde im Kabinett der Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes diskutiert. Vor allem mögliche Sanktionen gegen dopende Sportler stehen im Mittelpunkt der Debatte, denn ihnen kommt man bislang mit den bestehenden Gesetzen nicht bei. Im Gegensatz zu den am Doping beteiligten Ärzten: Sie können sich nicht nur nach dem Strafgesetzbuch und Arzneimittelgesetz strafbar machen. Auch standesrechtlich drohen Sanktionen wie der Entzug der Approbation.

Gegen die Mediziner Andreas Schmid und Lothar Heinrich ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits wegen versuchter Körperverletzung und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Mögliche Doping-Straftaten der beiden in den 90er-Jahren sind zwar verjährt. Doch die Staatsanwälte hegen noch den Verdacht, dass die Radsportärzte auch in der nichtverjährten Zeit nach 2002 beim Doping geholfen haben könnten.

Doping-Taten der Ärzte sind zum Teil schon verjährt

Verschont von Ermittlungen bleibt vorerst der Rad-Verbandsarzt Georg Huber, der zugab, zwischen 1980 und 1990 Nachwuchsrennradfahrern Testosteron gegeben zu haben. Anhaltspunkte dafür, dass Huber nach der verjährten Zeit am Doping beteiligt gewesen sei, gebe es nicht, so Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier.

Würde Huber auch heute noch Testosteron an Nachwuchssportler zu Zwecken des Dopings abgeben, würde er sich nach dem Arzneimittelgesetz strafbar machen. 1998 wurde in dem Gesetz ein eigener Doping-Straftatbestand eingeführt. Wer Arzneimittel mit bestimmten Wirkstoffen zu Dopingzwecken verschreibt oder bei anderen anwendet, muss seitdem mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe rechnen. Sind die gedopten Personen noch nicht 18 Jahre alt, sieht das Arzneimittelgesetz sogar zwingend eine Haftstrafe von mindestens einem Jahr, höchstens aber zehn Jahren vor.

Daneben hält auch das allgemeine Strafgesetzbuch einige Delikte bereit, nach denen sich dopende Ärzte strafbar machen können - wie im Falle von Heinrich und Schmid zum Beispiel Körperverletzung. "Aber nicht jeder Arzt, der dopt, macht sich auch automatisch wegen Körperverletzung strafbar", so Professor Dieter Rössner vom Institut für Kriminalwissenschaften an der Universität Marburg. Verabreicht sich der Sportler selbst die Doping-Mittel und weiß er auch ungefähr, wie die Medikamente wirken, liegt in den Augen der Strafrechtler nur eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung vor. Und die ist weder für den Sportler noch den Arzt strafbar.

Setzt der Mediziner die Injektion mit Einverständnis der Athleten, ist unter Juristen umstritten, ob eine Körperverletzung vorliegt. Grundsätzlich macht sich der Arzt nämlich nicht strafbar, wenn der Sportler mit der Injektion einverstanden ist. Das gilt im Übrigen auch für minderjährige Doper. "Auch Sportler, die unter 18 Jahre alt sind, können wirksam in die Körperverletzung einwilligen", erklärt Rössner. Allerdings existieren Meinungen unter Juristen, nach denen das Einverständnis wegen Sittenwidrigkeit des Dopings ungültig sein könnte. Doch höchstrichterlich geklärt ist das noch nicht. Ärzte, die Sportler ohne ihr Wissen dopen, können dagegen zumindest wegen versuchter Körperverletzung verurteilt werden. In diesem Falle drohen bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe.

Ob Heinrich, Schmid oder Huber die Approbation entzogen wird, bleibt abzuwarten. "Dabei spielt es eine große Rolle, wie schwer der Verstoß gegen die ärztlichen Pflichten war", so Rössner. Die Hürden für ein zeitliches, besonders aber für ein lebenslanges Berufsverbot sind hoch. "Denn das ist ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit", so Strafrechtler Uwe Lehnhart aus Frankfurt.

Sollten Heinrich und Schmid tatsächlich nur in den 90er-Jahren am Doping beteiligt gewesen sein, hält es Lenhart für unwahrscheinlich, dass sie die Approbation verlieren. "Die Vorfälle liegen schon lange zurück, die Ärzte hatten die Möglichkeit, sich inzwischen zu bewähren. Außerdem sind die Vorfälle mit Einverständnis der Sportler geschehen", so Uwe Lenhart.



So steht es im Gesetz

§ 6a Arzneimittelgesetz:

(1) Es ist verboten, Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden.

(2) Absatz 1 findet nur Anwendung auf Arzneimittel, die Stoffe der (in der IOC-Verbotsliste, d. Red.) aufgeführten Gruppen von Dopingwirkstoffen enthalten, sofern 1. das Inverkehrbringen, Verschreiben oder Anwenden zu anderen Zwecken als der Behandlung von Krankheiten erfolgt und 2. das Doping bei Menschen erfolgt oder erfolgen soll.

Lesen Sie dazu auch: Selbstdopen bleibt straffrei Kontroverse um Doping als Kriminalität

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