Die Mediziner-Olympiade war wie ein großes Familienfest

Von Margarete Dreßler Veröffentlicht:

Der Startschuß fällt. "Allez, Papa! Allez!" Das hübsche kleine Mädchen hüpft und winkt. Papa, ein französischer Arzt, legt sich in die Kurve. Seine Rastazöpfe fliegen. Papa wechselt als erster und bringt seine Staffel in Führung. Die Goldmedaille gewinnt er zusammen mit seinen Kumpels auch noch. In einer Bombenzeit.

Die Staffel, die die Silbermedaille gewinnt, startet schon etwas behäbiger. Kein Wunder, der Startläufer ist bestimmt 20 oder 30 Jahre älter als der schnelle Franzose. Er wechselt an eine junge Frau, sie wiederum an einen jungen Mann asiatischer Herkunft und der an einen kräftigen blonden Mann Mitte vierzig. Vor der Kulisse des Wettersteingebirges laufen sie mit gut 30 Metern Rückstand ins Ziel. Dennoch freuen sie sich unbändig - so wie alle bei diesen 25. Sportweltspielen der Medizin in Garmisch-Partenkirchen. Mit dabei etwa 300 Teilnehmer aus Deutschland, die Hälfte davon Ärzte.

Bei den Staffelwettbewerben wird die sonst übliche Einteilung in Alterskategorien einmal außer Acht gelassen. Hier laufen gewachsene Mannschaften gegen Staffeln, die sich erst in der Stunde vor dem Wettbewerb zusammenfinden. Alter, Geschlecht, Nationalität sind unwichtig. Jeder läuft, so gut er kann. Hinterher freuen sich alle und Commandant Sincan Premcouhar, stets gut gelaunter Stabsarzt der französischen Armee, schüttelt eine Champagnerflasche und läßt sie so gekonnt überschäumen, als hätte er soeben den Grand Prix gewonnen.

Viele Medizin-Sportler machen schon seit Jahren mit

Er ist wie viele nicht zum ersten Mal bei der Mediziner-Olympiade dabei. "Als er anfing, war er noch Sergeant" erzählt ein Apotheker aus dem Elsaß, der auch schon seit Jahren dabei ist, "das nächste Mal wird er wohl Colonel sein." Auch ein erfahrener Teilnehmer ist Heribert Königer aus Mittenwald, Allgemein- und Zahnarzt. Für ihn ist es schon das fünfte Mal. In Garmisch startete er bei Hoch- und Weitsprung, über 100, 200, 800 und 1500 Meter sowie bei der Staffel, bei Mountainbike- und 70-Kilometer-Radrennen und gewann gut ein halbes Dutzend Medaillen.

Königer kommt aus Mittenwald, also ganz aus der Nähe, und hat, wie er sagt, auch bei der Organisation mitgewirkt. Die soll zwar aufwendig aber unproblematisch gewesen sein. Zum ersten Mal in der Geschichte der World Medical and Health Games fand die Veranstaltung in Deutschaldn statt. Ursprünglich war die Türkei vorgesehen, aber aus Furcht vor Bombenattentaten verlagerten die Veranstalter die Wettbewerbe nach Garmisch-Partenkirchen. In nur sechs Monaten hat es der Urlaubsort unter der Zugspitze geschafft, die Spiele perfekt zu organisieren.

Für die Austragungsorte ist das gesamte Alpenvorland bis München einbezogen worden: Die Reitwettbewerbe fanden im Staatsgestüt Schwaiganger bei Murnau statt, der Triathlon am Riegsee. Für die Schießwettbewerbe standen die Olympiaanlage in München und die Schießanlage in Hattenhofen zur Verfügung. Die Segelwettbewerbe wurden auf dem Ammersee ausgetragen, die Golfwettbewerbe in Oberau und Iffeldorf, die Fußballspiele etwa in Mittenwald und Oberammergau. Da war allein die Fahrt zum Austragungsort oft schon ein touristisches Erlebnis. Viele Teilnehmer nutzten die Spiele denn auch als Teil ihres Urlaubs, besuchten nebenbei Königsschlösser und Klöster, campten unter der Zugspitze, waren mit Kindern angereist.

Im Ritter-von-Halt-Stadion, wo die Leichtathletikwettbewerbe ausgetragen werden, herrscht die fröhliche Stimmung eines Familienfestes. Am Abend, bei den Siegerehrungen im Kurpark, ein ähnliches Bild. Viele fröhliche Menschen aller Altersgruppen sitzen auf Bänken und dem Rasen, es gibt Freibier und Stubenmusik, Freunde werden umarmt, Pokale herumgereicht, kleine Kinder rennen ausgelassen über den Rasen, die Medaillen der Eltern um den Hals.

Die Regeln erlauben weder Fahnen noch Nationalhymnen

Medaillen gibt es viele. Bis auf wenige Wettbewerbe wie Schach, Volleyball oder Segeln wird in fünf Klassen gestartet. Da einige Klassen weniger stark besetzt sind, ist manchmal einem Teilnehmer schon vor dem Start eine Medaille sicher. Jeder Sportler nimmt nur für sich oder seine Gruppe teil, die Regeln erlauben weder Nationalhymnen noch Fahnen noch Trikots in Nationalfarben.

Internationale Wettspiele ohne kommerziellen, ohne patriotischen oder medialen Druck - hat es das jemals gegeben? In ihrem Eid, in dem sich die Medizin-Sportler zu der Achtung vor dem Gegner und dem Geist eines sportlichen und beruflichen Ethos bekennen, geben sie auch der Hoffnung Ausdruck, "ein Fair-Play wiederaufleben zu lassen, das geeignet sein könnte, für die großen internationalen Wettbewerbe als Beispiel zu dienen". Gäbe es die Mediziner-Sportweltspiele nicht, man müßte sie erfinden.



2500 Teilnehmer aus 30 Ländern bei den Medizin-Weltspielen

Die Sportweltspiele der Medizin und Gesundheit finden jedes Jahr statt. Teilnehmen kann jeder, der einen Beruf im Gesundheitsbereich hat. Wie in den vergangenen Jahren gingen in Garmisch-Partenkirchen etwa 2500 Teilnehmer aus etwa 30 Ländern an den Start. Außer den sportlichen Veranstaltungen in 20 Sportarten bot Garmisch auch ein Fachsymposium zum Thema Sport und Gesundheit mit vielen hochkarätigen Referenten an, unter ihnen auch Professor Kurt Messerschmitt, ein bekannter Experte für Sport und Raumfahrt. Die nächsten Spiele finden in Alicante in Spanien statt. Wer schon mal dabei war (das sind 25 000 Personen) bekommt automatisch ein Anmeldeformular zugeschickt. (dreß)

Infos und Anmeldung im Internet unter www.medigames.com oder www.sportweltspiele.de.

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