„Looper-Szene“

Ein künstliches Pankreas Marke Eigenbau

Schon einfache Android-Handys reichen aus, um damit ein Hybrid-Closed-Loop zu kreieren. Immer mehr Typ-1-Diabetiker nutzen das „Do it yourself“-System.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Digitaler Zucker: Mit Smartphones bauen sich manche Diabetiker ein eigenes Cloed-Loop-System.

Digitaler Zucker: Mit Smartphones bauen sich manche Diabetiker ein eigenes Cloed-Loop-System.

© ToheyVector / stock.adobe.com

NEU-ISENBURG. Sie wollen nicht mehr warten und vermelden: : Auch wenn jetzt in Nordamerika und Europa die ersten, lang ersehnten Closed-Loop-Systeme zur Insulintherapie auf den Markt kommen – immer mehr Typ-1-Diabetiker bauen sich ihre Closed-Loop-Systeme selbst. Dazu nutzen sie das eigene Smartphone als Steuermodul ihrer CGM-Systeme und Insulinpumpen.

Die Looper-Szene wächst

Das Internet ist voll von Berichten über DIY (Do it Yourself)- oder Open-Source-Closed-Loop, auch als OpenAPS (Open Artificial Pancreas System) bezeichnet. Zulassungsbehörden sehen das naturgemäß kritisch: Die US-amerikanische Behörde FDA gab im Mai 2019 eine offizielle Warnung heraus.

Doch die Szene scheint stetig zu wachsen. Inzwischen ist das Thema auf Diabetes-Kongressen und in Fachzeitschriften angekommen. Für behandelnde Ärzte gilt es, vorbereitet zu sein.

App muss selbst erstellt werden

Einfach ist das Ganze nicht: Notwendig sind technisches Verständnis ebenso wie die Befähigung zu einem guten autonomen Diabetesmanagement. Schon einfache Android-Handys reichen aus, um damit ein Hybrid-Closed-Loop zu kreieren.

Auch iPhone-Nutzer haben diese Möglichkeit, wenngleich mit deutlich höherem technischen und Kostenaufwand. Die App zur Steuerung des Systems gibt es freilich nicht zu kaufen. Die muss selber erstellt werden. Für Android-OpenAPS wird das kostenfreie Programm Android Studio verwendet.

App für den Programmcode nötig

Allerdings seien keine Programmierkenntnisse erforderlich, erklärt auf blood-sugar-lounge.de etwa Matthias Momm, Elektroingenieur, Autor und Typ-1-Diabetiker sowie nach eigenen Angaben einer der ersten „Looper“ weltweit.

„Lediglich der Programmcode muss in eine lauffähige App ‚übersetzt‘ werden.“ Wie dieser „kompilieren“ genannte Vorgang funktioniert, wird in Internet-Foren erklärt. Der Anwender selbst richtet also selbst die seiner Meinung nach relevanten Loop-Parameter ein, von der Basalrate bis zu zum Glukose-Zielbereich.

Netzanbindung ist Voraussetzung

Wenn es dann losgeht mit dem „loopen“, ist eine mehrtägige Lernphase erforderlich, berichtet Momm. „Der Benutzer muss sich sehr intensiv mit den Loop-Grundlagen beschäftigen.“ Für Menschen, die Wert auf Datenschutz legen ist OpenAPS nichts: Der Datenabgleich der Komponenten erfolgt über die Cloud. Voraussetzungen sind ständige Netzanbindung sowie ein stets geladener Handy-Akku.

Dennoch: Aus kleinen Studien, unter anderem veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Diabetes“, offizielles Organ der American Diabetes Association (ADA), gab es bereits mehrfach positive Ergebnisberichte aus verschiedenen Ländern.

Ein kürzlich publizierter Überblick über veröffentlichte Alltagserfahrungen mit OpenAPS-Systemen bei diabeteskranken Kindern und Jugendlichen aus 21 Ländern deutet in allen Altersgruppen auf verbesserte Stoffwechseleinstellungen hin, vergleichbar mit kommerziell entwickelten Closed-Loop-Systemen (JMIR Mhealth Uhealth 2019; 7: e14087).

Entwicklung wird beschleunigt

Experten wie Professor Lutz Heinemann aus Düsseldorf oder Dr. Katharine Barnard aus Bournemouth, Großbritannien warnen: Sicherheit müsse Vorrang haben.

Auf der anderen Seite hat sich zum Beispiel die Juvenile Diabetes Research Foundation (JDRF) in den USA bereits 2017 für die Entwicklung eines „Open Protocol“ für Closed-Loop-Systeme ausgesprochen. Dies würde die Kommunikationsfähigkeit modularer Komponenten verschiedener Hersteller fördern und die Entwicklung zugelassener Systeme mit auf offenen Protokollen basierender Steuerung deutlich beschleunigen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Hoffnung auf Innovationen

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