Antibiose reduzieren

Einfach mal den Laborbefund verstecken

Kanadische Ärzte wollten weniger unnötige Antibiotikagaben in ihrer Klinik - und griffen zu einem besonderen Mittel.

Veröffentlicht:
Urinprobe: Tut eine Antibiose bei der Bakteriurie Not?

Urinprobe: Tut eine Antibiose bei der Bakteriurie Not?

© Getty Images/iStockphoto

TORONTO. Mit einer simplen Maßnahme ließen sich womöglich unnötige Antibiotikaverschreibungen im klinischen Alltag verhindern. Positive Bakterienkulturen von Urinproben hospitalisierter Patienten sollten schlicht nicht mehr an die behandelnden Ärzte gemeldet werden, schlagen kanadische Ärzte um Dr. Jerome Leis aus Toronto vor.

Ihren Vorschlag, den sie in einer kleinen Machbarkeitsstudie untersucht haben, wollen sie freilich nur bei jenen Patienten anwenden, denen kein transurethraler Katheter gelegt wurde und die keine Symptome zeigen, die auf eine Harnwegsinfektion (HWI) hindeuten würden.

In ihrer Studie hatten sie das Labor angewiesen, den behandelnden Ärzten in solchen Fällen die Ergebnisse der Urinkulturen zunächst vorzuenthalten - selbst bei positiven Nachweisen. Die Befunde wurden jedoch in der elektronischen Krankenakte gespeichert und wurden den Ärzten bei einem HWI-Verdacht oder auf Verlangen vorgelegt (Clin Infect Dis 2014; online 26. Februar).

Dadurch konnten die Antibiotikaverordnungen drastisch reduziert werden: Vor dem Versuch erhielt jeder zweite Patient (48 Prozent) ohne Katheter und asymptomatischer Bakteriurie eine Antibiose. Nach der Änderung der Labormeldung sank der Wert deutlich auf 12 Prozent, also nur noch jeden achten Patienten.

In vier von 37 Fällen mit der geänderten Labormeldung lag tatsächlich ein HWI vor. Den Infekt hatten die Studienärzte durch eine tägliche Überwachung der Symptome festgestellt. Sofort wurde die Therapie eingeleitet, die Patienten konnten erfolgreich behandelt werden.

Die Ärzte sehen letztlich in diesem einfachen und kostengünstigen Instrument eine Möglichkeit, künftig die Zahl mutmaßlich unnötiger Antibiotikatherapien zu reduzieren.

Damit ließe sich nicht nur das Risiko für die Resistenzbildung von Keimen reduzieren, sondern auch das Risiko für potenzielle Sekundärinfektionen mit multiresistenten Erregern. Freilich müsste zeitgleich eine gute ärztliche Compliance gewährleistet sein, um die Entwicklung von HWI-Symptomen im Auge zu behalten. (nös)

Mehr zum Thema

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Das könnte Sie auch interessieren
Was zur Prophylaxe wirklich nützt

© bymuratdeniz / Getty Images / iStock

Rezidivierende Harnwegsinfekte

Was zur Prophylaxe wirklich nützt

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Fast jede Frau macht die Erfahrung einer Blasenentzündung. Häufigster Erreger ist E. coli.

© Kateryna_Kon / stock.adobe.com

Prophylaxe von Harnwegsinfekten

Langzeit-Antibiose nicht mehr First Line

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Dermapharm AG
Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Experten-Workshop

Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 27.02.201420:27 Uhr

Nur ein sinnloser Arzt ist ein guter Arzt?

Das erinnert allerdings sehr an die Geschichte vom tauben, blinden und gefühllosen Arzt, der bei den Patienten alle ihre Krankheiten und Beschwerden schlichtweg ignorierte. Seine Patienten fühlten sich bei ihm wesentlich gesünder und besser als anderswo, bis sie im Vertrauen auf ihre völlige Gesundheit und Abwesenheit von Krankheit zu gegebener Zeit in Frieden starben.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Reduktion von HWI-Rezidiven nach initialer Verordnung des Phytotherapeutikums im Vergleich zur initialen Verordnung eines Antibiotikums

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Real-World-Daten zu unkomplizierten Harnwegsinfektionen

Pflanzliches Arzneimittel: weniger Rezidive als unter Antibiotikum

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Repha GmbH Biologische Arzneimittel, Langenhagen
Abb. 1: Typische Laborbefunde bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1, 7, 8]

Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie

Unklare Hämaturie – auch an PNH denken

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Porträt: Dr. Jörg Sandmann | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Porträt: Dr. Jörg Sandmann | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Der hypogonadale Patient in der Hausarztpraxis

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Besins Healthcare Germany GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse