Oft falsch hohe Werte

Einfache Blutdruckmessung hat ihre Tücken

Wird bei der Blutdruckkontrolle in der Praxis auf eine zweite Messung verzichtet, wird mancher zum (schlecht eingestellten) Hypertoniker gemacht, der es gar nicht ist.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Mit einer zweiten Blutdruckmessung wurden bei 36 Prozent der Patienten mit zunächst zu hohen Werten normale Drücke festgestellt.

Mit einer zweiten Blutdruckmessung wurden bei 36 Prozent der Patienten mit zunächst zu hohen Werten normale Drücke festgestellt.

© eyetronic / stock.adobe.com

CLEVELAND. Die Empfehlung der Deutschen Hochdruckliga lautet, zur Bestimmung des Blutdrucks – egal ob in der Praxis oder zu Hause – nach einer fünfminütigen Ruhepause das erste Mal und dann im Abstand von einer Minute ein zweites Mal zu messen und den niedrigeren der beiden Werte zu dokumentieren.

Hält man sich nicht an diese Vorgabe, das zeigt ein Research Letter in JAMA Internal Medicine, dann besteht die Gefahr, dass falsch hohe Werte ermittelt werden (JAMA Intern Med 2018, online 16. April).

Ärzte der Case Western Reserve University in Cleveland haben bei mehr als 38.000 ambulanten Hochdruckpatienten und fast 81.000 Praxisterminen die Auswirkungen einer Wiederholungsmessung untersucht. Immer wenn bei der ersten Messung Drücke von 140/90 mmHg und mehr gemessen wurden, gab es automatisch eine Erinnerung, eine zweite Messung vorzunehmen.

Bei 39 Prozent aller Messungen war der erste Wert erhöht, in den meisten dieser Fälle (83 Prozent) wurde die empfohlene zweite Messung angeschlossen.

Das Ergebnis: Der systolische Druck lag im Median 8 mmHg niedriger als bei der ersten Messung.

Oft Fehler bei Blutdruckmessung

Die größten Abweichungen zeigten sich bei Patienten mit besonders hohen Ausgangswerten. Letztlich wurden mit der zweiten Messung bei 36 Prozent der Patienten mit zunächst zu hohen Werten normale Drücke festgestellt.

In der gesamten Kohorte erhöhte sich dadurch der Anteil der Patienten mit kontrollierter Hypertonie von 61 auf 73 Prozent.

Für den Erstautor der Studie, Douglas Einstadter, bestätigt das Ergebnis, dass "Fehler bei der Blutdruckmessung eine Hauptursache für eine schlechte Blutdruckkontrolle sind".

Übereinstimmend heißt es in einem begleitenden Kommentar von Robert B. Baron von der Universität in San Francisco: "Obwohl Blutdruckmessungen falsch hoch oder falsch niedrig sein können, ist das Erste wesentlich häufiger und mit viel größeren Konsequenzen verbunden."

Ergebnisse der SPRINT-Studie führten zu Leitlinien-Änderung

Wie relevant bei der Angabe von Blutdruckwerten die Messmethode ist, illustriert auch die SPRINT-Studie: Sie hat letztes Jahr zu einer Änderung der US-amerikanischen Hypertonie-Leitlinie geführt, wonach Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko nun schon ab 130/80 mmHg blutdrucksenkend behandelt werden sollen, mit einem systolischen Zielwert von 120 mmHg.

In der SPRINT-Studie waren die – prognostisch vorteilhaften niedrigen – Werte allerdings unter eher praxisfernen Umständen ermittelt worden: mit dreimaliger automatisierter Messung in einem eigenen Raum und in Abwesenheit anderer Personen.

Auf diese Weise bestimmte systolische Drücke liegen laut Baron rund 12 mmHg niedriger als bei Routinemessungen in der Praxis.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Synergistischer Effekt

Hypertonie verschlimmert wohl metabolische Fettleber

Das könnte Sie auch interessieren
PAP senkt Mortalität signifikant

© ResMed

Lancet: Neue Meta-Analyse

PAP senkt Mortalität signifikant

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

© ResMed

PAP scheitert oft

Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Schlafstörungen als Warnsignal

© shapecharge | iStock

Früherkennung Demenz

Schlafstörungen als Warnsignal

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Dr. Silva Keberle 14.05.201811:30 Uhr

Was sind die effektiven Werte?

In mehreren Selbstversuchen und bei Messungen in meinem privaten Umfeld haben wir festgestellt, dass die BD-Werte, je nach Proband, sehr stark variieren können. Die Messung zu Hause, in Ruhe, während 15 Minuten alle drei Minuten haben sehr hohe Abweichungen ergeben - nichtx nur innerhalb der 15 Minuten, sondern auch stark abhängig von der Tageszeit. Allein der Akt des Aufpumpens kann eine gewisse Spannung auslöst (wird der Probandvabgelenkt, so waren die Werte immer tiefer). Auch die 24-Std. BD-Messung ist nicht unbedingt aussagekräftig, da man in der Nacht bei der Messung aufwacht und erschrickt. Zumindest zeigt sich da aber die Spannweite der Werte und ob in der Nacht ein erhöhter Durck deutlich sinkt.
Wirklich aussagekräftig wäre nur eine 24-Std.-Messung intraarteriell.
Wir müssen davon ausgehen, dass viele Menschen umsonst zu Hypertonie-Patienten gemacht werden.

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

© Springer Medizin Verlag

Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Puren Pharma GmbH & Co. KG, München
Real-World-Analyse von US-Versorgungsdaten-- Bei Einsatz von Sacubitril/Valsartan ist die Gesamtsterblichkeit signifikant geringer als bei Einsatz von ACEi/ARB.

© Springer Medizin Verlag

ARNI in der Primärtherapie der HFrEF

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Nachgefragt bei Kammern und KVen

Dass Behandlungen abgelehnt werden, kommt selten vor

Zwei Phase-III-Studien gescheitert

Semaglutid wirkt nicht gegen Alzheimer

Lesetipps
Fünf Menschen im Wartezimmer.

© Tyler Olson / stock.adobe.com

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig