Erfolgreiche Strategien bei neuropathischen Schmerzen

FRANKFURT AM MAIN (mar). Neuropathische Schmerzen sind häufig schwer zu lindern. Schmerzfreiheit ist in der Regel nicht zu erreichen, doch kann durch medikamentöse Therapien eine Linderung der Schmerzen um 50 bis 80 Prozent gelingen. Hierbei ist meist die Kombination mehrerer Wirkstoffe erforderlich, wie beim Deutschen Schmerztag in Frankfurt am Main Professor Ralf Baron vom Universitätsklinikum Kiel betont hat.

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Bei der Behandlung von Patienten mit neuropathischen Schmerzen haben sich vier Präparategruppen mit unterschiedlichen Wirkprinzipien in der Basistherapie bewährt, wobei zu berücksichtigen ist, daß 20 bis 40 Prozent der Patienten nur unzureichend auf einzelne Therapie-Optionen ansprechen oder diese nicht vertragen. Ob ein Medikament individuell ausreichend wirksam ist, läßt sich meist erst nach zwei bis vier Wochen Therapie mit konstanter Dosis (Erhaltungsdosis) beurteilen.

  • Antidepressiva: Analgetische Effekte von trizyklischen Antidepressiva (TCA) wie Amitriptylin sind für schmerzhafte Polyneuropathien, Postzosterneuralgie oder zentrale Schmerzsyndrome nachgewiesen. Auch neuere Antidepressiva wie Venlafaxin und Mirtazapin sind gut wirksam und besser verträglich als die TCA. Für die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) habe in Studien bislang keine Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen nachgewiesen werden können, so Baron bei einem Pfizer-Symposium.
  • Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Natriumkanäle: Carbamazepin wirkt schmerzlindernd bei Trigeminusneuralgie, schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie und zentralen Schmerzsyndromen. Auch Oxcarbazepin (die Substanz ist bisher nicht für die Indikation neuropathische Schmerzen zugelassen) hat sich in kleineren Studien als gut wirksam erwiesen bei deutlich besserem Nebenwirkungsprofil als Carbamazepin. Für Lamotrigin ist die Wirksamkeit etwa bei Trigeminusneuralgie, diabetischer Polyneuropathie, HIV-assoziierten Neuropathien und postischämischen zentralen Schmerzsyndromen belegt, wie Baron erläutert hat.
  • Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Kalziumkanäle: Für Gabapentin liegen positive Studienergebnisse zur Therapie bei schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie und Postzosterneuralgie vor.

Pregabalin verlängert zusätzlich Tiefschlaf-Phasen

Pregabalin (Lyrica®), das im vergangenen Jahr auf den Markt gekommen ist, habe seine gute analgetische Wirksamkeit und Verträglichkeit bereits in zehn großen Studien bei Patienten mit Postzosterneuralgie und diabetischer Polyneuropathie unter Beweis gestellt, sagte Baron. Die analgetische Wirkung setze schnell ein, bereits nach drei Tagen sei eine signifikante Schmerzlinderung zu beobachten.

Eine schnelle Dosissteigerung auf die individuell erforderliche Erhaltungsdosis sei möglich. Die Substanz werde gut vertragen, Interaktionen mit anderen Arzneimitteln seien nicht zu erwarten.

Vorteil von Pregabalin sei außerdem, daß es auch einen positiven, direkten Effekt auf den Schlaf hat, der bei den Patienten aufgrund der Schmerzen häufig beeinträchtigt ist. Die Substanz verlängert die Tiefschlafphasen unabhängig von ihrer analgetischen Wirkung, wie Untersuchungen mit Probanden ergeben haben.

  • Retard-Opioide: Entgegen früheren Ansichten ist mittlerweile aufgrund von Studiendaten anerkannt, daß auch langwirksame Opioide bei neuropathischen Schmerzen, etwa bei Postzosterneuralgien, diabetischer Polyneuropathie oder Phantomschmerzen, sinnvoll sind.

Eingesetzt werden schwächer wirksame Opioide in Retardformulierung (Tramadol, Tilidin, transdermales Buprenorphin) oder stark wirksame Retardopioide wie Morphin, Oxycodon oder transdermales Fentanyl. Nicht-Opioidanalgetika haben sich dagegen als nicht ausreichend wirksam erwiesen.

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