Durchgangssyndrom

Gehirntraining vor Op: Wer vorher übt, ist später weniger verwirrt

Wenn ältere Patienten vor einem chirurgischen Eingriff Gehirntraining betreiben, finden sie sich einer US-Studie zufolge in den ersten Tagen nach der Op besser zurecht.

Von Christine Starostzik Veröffentlicht:
Vor der Op: Ein einstündiges computerbasiertes kognitives Training an mehreren Tagen kann bei älteren Patienten die Entwicklung eines Durchgangssyndroms verhindern.

Vor der Op: Ein einstündiges computerbasiertes kognitives Training an mehreren Tagen kann bei älteren Patienten die Entwicklung eines Durchgangssyndroms verhindern.

© motortion / stock.adobe.com

Columbus. Nach einem chirurgischen Eingriff unter Vollnarkose tritt vor allem bei älteren Menschen häufig ein Delir auf. Ob ein kognitives Training im Vorfeld das Risiko für die Verwirrung verringern kann, haben jetzt Michelle Humeidan vom Ohio State University Wexner Medical Center in Columbus und Kollegen untersucht (JAMA Surg. 2020, online 11. November).

An der prospektiven randomisierten Studie nahmen 251 Patienten ab 60 Jahren teil, denen eine nichtkardiologische Operation unter Allgemeinanästhesie mit anschließendem Klinikaufenthalt von mindestens 72 Stunden bevorstand. Personen mit Depression oder Anzeichen einer kognitiven Beeinträchtigung beziehungsweise Demenz wurden ausgeschlossen.

10 Stunden Gehirntraining schafften nur wenige

Für 125 Patienten der Interventionsgruppe war präoperativ nach vorheriger Einweisung ein täglich einstündiges computerbasiertes kognitives Training von Gedächtnisleistung, Schnelligkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Problemlösung vorgesehen. Die empfohlene Trainingsdauer von insgesamt zehn Stunden erreichten allerdings nur rund 9 Prozent der Patienten, durchschnittlich wurde 4,6 Stunden geübt.

Während in der Kontrollgruppe in den ersten sieben Tagen nach dem chirurgischen Eingriff 23,0 Prozent ein Durchgangssyndrom entwickelten, waren es in der Interventionsgruppe 14,4 Prozent. In einer Post-hoc-Analyse wurden vier Patienten, die keine der kognitiven Übungen absolviert hatten, aus der Interventionsgruppe ausgeschlossen.

Damit sank die Delirrate nach Intervention auf 13,2 Prozent, ein signifikanter Unterschied zur Kontrollgruppe. In der Intention-to-Treat-Analyse ergab sich für die Interventionsgruppe eine relative Risikoreduktion von 42 Prozent gegenüber den Kontrollen.

Keine Effekte auf Dauer des Delirs

Keine Effekte hatten die präoperativen Übungen auf den Beginn oder die Dauer des Delirs. In der Studie deutete sich an, dass Patienten, die weniger als fünf Stunden trainierten, nahezu doppelt so häufig ein postoperatives Delir entwickelten wie Personen mit einer Übungsdauer von mehr als fünf Stunden.

In welcher Form und Gestaltung ein kognitives Training am effektivsten sei, so Humeidan und Kollegen, müssten künftige Studien zeigen.

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