Grüne drängen Koalition bei der Gendiagnostik zum Handeln

BERLIN (fst). Der Bundestag debattiert heute in einer eineinhalbstündigen Debatte über rechtliche Regeln für den Umgang mit gendiagnostischen Methoden bei Menschen. Die Grünen-Fraktion hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt.

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Schon im Jahr 2002 hatte die Enquete-Kommision "Ethik und Recht der modernen Medizin" dem Bundestag empfohlen, "genetische Untersuchungen am Menschen durch ein umfassendes Gendiagnostik-Gesetz zu regeln". Bis heute steht ein solches Gesetz aus. Unter Rot-Grün hatte eine Gruppe von Parlamentariern versucht, einen verabschiedungsreifen Gesetzentwurf zu formulieren. "Das Vorhaben ist vor allem an den vorgezogenen Neuwahlen gescheitert", berichtet Birgitt Bender, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, der "Ärzte Zeitung".

Seit Dienstantritt der großen Koalition, liegt - aus der vergangenen Legislaturperiode - ein damals unter den Ressorts abgestimmter Referentenentwurf in den Schubladen des Bundesgesundheitsministeriums. "Momentan hat die Reform der Pflegeversicherung Vorrang", berichtet eine Ministeriumssprecherin auf Anfrage. Im vergangenen Jahr hatte die Gesundheitsreform Priorität. "Es ist uns ein Anliegen, die Koalition zum Jagen zu tragen", berichtet die Grünen-Abgeordnete Bender. Angekündigt ist ein solches Gesetz im Koalitionsvertrag von Union und SPD. "Ich habe aber nicht den Eindruck, dass dieses Vorhaben Priorität genießt", sagt Bender. Dass ein Gendiagnostik-Gesetz nötig wäre, ist vielfach unter Politikern und Fachleuten unstrittig. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat kürzlich noch auf eine Gesetzesvorlage gedrängt.

In ihrem Gesetzentwurf haben die Grünen einen weiten Begriff für gendiagnostische Verfahren gewählt, der sowohl molekulargenetische Analysen - also Gentests im engeren Sinne - , aber auch phänotypische Untersuchungen umfasst. Für medizinische Untersuchungen fordern die Grünen einen Arztvorbehalt bei genetischen Untersuchungen. Dies sei wichtig, erläutert Bender, um beispielsweise zweifelhafte Test-Angebote, die über das Internet verkauft werden, einzudämmen. Für diagnostische Untersuchungen soll eine Beratung angeboten werden, bei prädiktiven Untersuchungen ist eine ärztliche Beratung dagegen Pflicht.

Weiterhin sollten aus Sicht der Grünen heimliche Abstammungstests verboten werden. Versicherungen dürften weder vor Abschluss eines Vertrags genetische Untersuchungen verlangen, noch dürften sie fordern, dass bereits vorliegende Untersuchungsergebnisse offenbart werden, heißt es im Gesetzentwurf.

Dagegen hat sich der Nationale Ethikrat im Februar gegen ein Gentest-Gesetz mit Blick auf das Arbeitsrecht ausgesprochen. Stattdessen solle das Moratorium der Versicherungswirtschaft, in dem die Branche bis 2011 ihren Verzicht auf Gentests erklärt hat, ausgeweitet werden.

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