Deutscher Herzbericht

Haben Frauen das schwächere Herz?

Deutlich mehr Frauen als Männer sterben an Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen und Klappenerkrankungen. Eine Frage der weiblichen Hormone oder Folge einer schlechteren Versorgung?

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Warum sterben mehr Frauen an verschiedenen Herzkrankheiten?

Warum sterben mehr Frauen an verschiedenen Herzkrankheiten?

© Jeanette Dietl / Fotolia

BERLIN. Wie in den Vorjahren sterben bei Betrachtung der Herzkrankheiten in der Summe mehr Frauen als Männer, wie der neue "Deutsche Herzbericht 2016" dokumentiert. 110.915 Frauen im Vergleich zu 97.061 Männern starben 2014 an KHK/Infarkt, Herzklappenerkrankungen, Rhythmusstörungen, Herzinsuffizienz und angeborenen Herzfehlern.

Besonders auffällig sei die höhere Sterblichkeit bei Frauen mit Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Klappenerkrankungen.

Frauen im Nachteil

"Frauen mit diesen Herzkrankheiten haben offenbar eine ungünstigere Prognose als männliche Patienten", wird Professor Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, in einer Mitteilung der Stiftung zur Vorstellung des "Deutschen Herzberichts" zitiert.

"Diese starken Sterblichkeitsunterschiede bestehen seit Jahren, sie stehen im Kontrast zur stationären Erkrankungshäufigkeit, die bei Männern deutlich höher ist, und sollten Anlass für genauere Untersuchungen sein, um Engpässe in der medizinischen Versorgung von Herzpatientinnen auszuschließen."

So lag 2014 die Sterbeziffer bei Herzinsuffizienz für Frauen bei 69, für Männer bei 40 Gestorbenen pro 100.000 Einwohnern. An Herzinsuffizienz starben also 28.513 Frauen und 16.038 Männer. Bei Herzrhythmusstörungen lagen die Sterbeziffern für Frauen bei 38, für Männer bei 25,5 Gestorbenen pro 100.000 Einwohnern: 15.620 Frauen und 10.154 Männer waren daran gestorben.

Und auch bei Herzklappenerkrankungen war die Sterbeziffer der Frauen um 54 Prozent höher als bei den Männern, berichtet die Stiftung. Eine Ausnahme sind KHK/Herzinfarkt, wo es generell eine deutlich höhere Zahl an Sterbefällen bei Männern als bei Frauen gibt.

Werden Frauen seltener behandelt und weniger gut versorgt als Männer? Zumindest in der Versorgung von Patienten mit Erkrankungen der Koronarien – auch unter Berücksichtigung der höheren KHK-Häufigkeit bei Männern – erhalten deutlich weniger Frauen eine Linksherzkatheter-Untersuchung (LHK), so die Stiftung in ihrer Mitteilung zum Herzbericht.

2015 waren nur 35 Prozent der LHK-Patienten Frauen gegenüber 64,8 Prozent Männern. Niedrig falle auch der Frauenanteil bei den perkutanen Koronar-Interventionen (PCI) (Ballondilatation, Stent-Einbringung) aus: Nur 28 Prozent der PCI-Patienten waren Frauen.

Ähnlich verhält es sich bei den Bypass-Op's: Bei 51.941 Eingriffen im Jahr 2015 wurden Frauen mit 11.521 (22 Prozent) Eingriffen deutlich seltener operiert als Männer (78 Prozent; 40.420 Eingriffe).

Männer bekommen mehr Medikamente

Ferner zeigen auch die verordneten Arznei-Tagesdosen, dass Männer deutlich mehr Medikamente zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekommen als Frauen: bei Männern sind 45 Prozent der verordneten Arzneien Herz-Kreislauf-Medikamente, bei Frauen liegt der Anteil bei 25 Prozent(TK Gesundheitsreport 2016), berichtet die Stiftung.

"Ob ein Zusammenhang zwischen diesen Unterschieden in der medizinischen Versorgung von Herzpatientinnen und der ungünstigeren Prognose für Frauen mit Herzinsuffizienz, Klappenerkrankungen und Rhythmusstörungen besteht, müssen zukünftige Analysen klären. In jedem Fall müssen Frauen ihrer Herzerkrankung entsprechend diagnostisch und therapeutisch so weit versorgt werden, dass ein Ungleichgewicht in der Sterblichkeit nicht auf Versorgungsunterschieden beruht", so Meinertz in der Mitteilung der Stiftung.

Allerdings müssten frauenspezifische Besonderheiten wie hormonelle Unterschiede, Wirkunterschiede von Arzneien aufgrund von Stoffwechselprozessen, unterschiedliche Anatomie der kleinen Herzkranzgefäße und die verminderte Wahrnehmung von Herzinfarkt-Symptomen bei Frauen, besonders im hohen Alter, in diese Analyse einfließen. (eb)

Der Deutsche Herzbericht kann kostenfrei angefordert werden unter:www.herzstiftung.de/herzbericht

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