Herzinfarkt-Prävention beginnt in der Schule

Mit dem richtigen Interventionsprogramm lassen sich Erfolge gegen das vermehrte Körperfett erzielen. Am besten ist es, schon in der Schule mit der Kardioprotektion zu beginnen. Das ist möglich, wie erste Erfahrungen mit Präventionsprogrammen zeigen.

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Der Erfolg von Interventionsprogrammen zeigt sich auf der Waage - aber nicht nur dort.

Der Erfolg von Interventionsprogrammen zeigt sich auf der Waage - aber nicht nur dort.

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Von Roland Fath

Warum ein Mensch einen Herzinfarkt erleidet, lässt sich dank neuer Erkenntnisse über Risikofaktoren zunehmend besser erklären. Dieses Wissen soll zur Entwicklung möglichst gezielter primärpräventiver Strategien genutzt werden. Besonders vielversprechend erscheint es dabei, den Präventionsgedanken bereits in der Schule zu vermitteln, wie erste Erfahrungen mit solchen Programmen zeigen, die beim Kardiologen-Kongress in München vorgestellt worden sind.

In Ulm nehmen an einem insgesamt drei Jahre laufenden Programm mehr als 1000 Zweitklässler im Alter von sieben bis acht Jahren teil, berichtete der Pädiater Professor Martin Wabitsch. Ziel des Programms, in das sowohl Lehrer als auch Familienheimarbeiter integriert sind, ist es, die Zufuhr an Kohlenhydraten zu reduzieren, die tägliche Zeit an Fernseher und Computer zu verringern und die körperliche Aktivität zu erhöhen.

Die Bilanz nach einem Jahr kann sich sehen lassen: Der für diese Altersgruppe typische Anstieg des Körperfetts ist in der Interventionsgruppe nur etwa halb so groß ausgefallen wie in der Kontrollgruppe, berichtete Wabitsch. Die Körperfettmasse insgesamt war bei Kindern, die an dem Programm teilnahmen, fast 300 g niedriger als bei den anderen Kindern. Und: "Die Kinder waren mit großem Spaß bei der Sache", betonte Wabitsch.

Bilanz eines Programms mit Schülern kann sich sehen lassen.

Mit dem richtigen Interventionsprogramm sind aber auch bei kardiovaskulären Hochrisiko-Patienten gute Erfolge zu erzielen. Professor Jean-Pierre Deprès stellte vorläufige Ein-Jahres-Daten eines über drei Jahre laufenden Programms am Quebec Heart Institute vor. 60 Prozent der Teilnehmer hatten ein metabolisches Syndrom, abdominales Übergewicht oder Diabetes.

Den Teilnehmern wurde ein graduelles körperliches Trainingsprogramm (160 Minuten pro Woche) moderater Intensität verordnet und sie erhielten ein Pedometer zur Kontrolle der täglichen Aktivität. Ziel waren täglich mehr als 10 000 Schritte. Außerdem gab es Ernährungsempfehlungen (mehr Proteine, weniger Fett, hochwertige Kohlenhydrate) mit dem Rat, die tägliche Kalorienzufuhr um 500 kcal zu reduzieren. Einmal monatlich erhielten die Teilnehmer Unterstützung durch einen Trainer. Die Ergebnisse nach einem Jahr:

  • Der Taillenumfang hatte sich im Mittel um 8,6 cm verringert, das Körpergewicht um 6,8 kg.
  • Die Triglyzeridwerte hatten um 18 Prozent, das ApoB um 3 Prozent abgenommen, das HDL-Cholesterin war um 15 Prozent gestiegen.
  • Der Blutdruck war um  3,7/5,6  mmHg gesunken,
  • Das C-reaktive Protein hatte sich um 26 Prozent verringert, die Adiponectinspiegel waren um 29 Prozent gestiegen.
  • Das subkutane Fettgewebe hatte um 19 Prozent und das viszerale Fett um 29 Prozent abgenommen.

Ziel eines solches Programmes sollten Normalwerte beim viszeralen Fettgewebe sein, betonte Deprès. Dies sei sehr viel wichtiger als eine Normalisierung des Body-Mass-Indexes. Bei einem Viertel der Teilnehmer wurde dieses Ziel bereits nach einem Jahr erreicht, obwohl sie noch einen BMI von rund 28 hatten. Die Kosten des Programmes beliefen sich nur auf 1200 kanadische Dollar pro Jahr und pro Patient (rund 800 Euro).

Patienten, die sich partout nicht für regelmäßiges Training und Diät motivieren lassen, können selbst von kleinsten Lebensstiländerungen profitieren. Dies zeigt eine Schweizer Untersuchung. 77 Mitarbeiter der Uni Genf mit bewegungsarmem Lebensstil mussten zwölf Wochen lang auf den Aufzug verzichten und Treppen steigen. Am Ende der Studie war die Fitness der Teilnehmer verbessert; der Bauchumfang hatte sich im Schnitt um 1,8 Prozent, das Gewicht um 0,7 Prozent, die Fettmasse im Gewebe um 1,7 Prozent verringert. Die LDL-Cholesterin-Werte hatten um 3,9 Prozent abgenommen.

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