Hormone: Wann überwiegt der Nutzen?
Der Nutzen der Hormontherapie in Peri- und Postmenopause steht außer Frage. Eine S3-Leitlinie wird nun die individuelle Abwägung von Nutzen und Risiken erleichtern.
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Ärztin und Patientin im Gespräch: Nutzen und Risiken der Hormontherapie gilt es, individuell abzuwägen.
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BERLIN. Nutzen und Risiken der Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause (HT) werden seit Jahren sehr intensiv diskutiert. Um die Auseinandersetzung zu versachlichen und die Ärzte bei der Kommunikation mit den Patientinnen zu unterstützen, wurde unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) erstmals eine S3-Leitlinie zur HT entwickelt.
"Um ein differenziertes ärztliches Beratungsgespräch führen zu können, sind hochwertige evidenzbasierte Leitlinien dringend erforderlich", betonte Professor Olaf Ortmann aus Regensburg bei einer Pressekonferenz der DGGG in Berlin. Er hatte die Erarbeitung der S3-Leitlinie koordiniert, an der 20 medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, Verbände und Selbsthilfegruppen beteiligt waren. Bislang gab es in Deutschland zur HT in Peri- und Postmenopause keine Leitlinie wie diese. Auch international gehört sie nach Angaben von Ortmann zu den qualitativ hochwertigsten.
Entsprechend der neuen Leitlinie hat die HT einen vielfältigen Nutzen, etwa die Linderung von Hitzewallungen. "Dennoch muss ihr Einsatz gründlich abgewogen werden, da die HT gesundheitliche Risiken bergen kann", hob DGGG-Präsident Professor Rolf Kreienberg aus Ulm hervor. Daher wurden die vorhandenen Studien zu relevanten klinischen Fragen wie klimakterische Beschwerden, vulvovaginale Atrophie, Harninkontinenz, koronare Herzkrankheit, Thromboembolie, Bewegungsapparat, Demenz und Krebs zusammengetragen, deren Grad der Evidenz bewertet und hierauf basierend Statements sowie Empfehlungen formuliert. Bei den Empfehlungen gebe es keine wesentlichen Unterschiede zu den bisher gültigen Konsensusempfehlungen der DGGG, die Auswertungen sowie Aussagen seien jedoch qualitativ hochwertiger und differenzierter, so Ortmann.
Besonderen Wert legt die DGGG auf das Kapitel zur Risikokommunikation. In einem sogenannten Balance Sheet werden für die verschiedenen klinischen Endpunkte die relativen und - wenn die Studien dies hergaben - absoluten Risiken aufgeführt. So geht aus der Übersicht hervor, dass sich durch eine Östrogen-Gestagen-Therapie pro Jahr auf 10 000 Frauen zum einen zwar 44 Frakturen und sechs Kolorektalkarzinome verhindern lassen, zugleich jedoch acht zusätzliche Mammakarzinome und 17 Thromboembolien auftreten. Diese Angaben sollen die Ärzte dabei unterstützen, unter Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren wie die familiäre Vorbelastung für Krebs, Alter, Übergewicht oder kardiovaskuläre Erkrankungen, mit den jeweiligen Patientinnen Vor- und Nachteile der HT zu diskutieren. Die DGGG plant zur Implementierung der Leitlinie entsprechende Fortbildungen für Ärzte und eine Version für Patientinnen.
Kurzfassung der S3-Leitlinie 2009 (PDF)