Emboliegefahr

IVF - Riskantes Mutterglück?

Eine In-vitro-Fertilisation geht offenbar auf die Gefäße. Schwedische Forscher haben jetzt ein erhöhtes risiko für Thromboembolien entdeckt. Entscheidend ist sogar das Trimester. Müssen Gynäkologen bei IVF-Kandidatinnen genauer hinsehen.

Veröffentlicht:
Gefahr für Thromboembolien?

Gefahr für Thromboembolien?

© Michael Westermann / imago

STOCKHOLM. Bei jeder Schwangerschaft steigt die Thromboemboliegefahr. Etwas mehr steigt sie allerdings, wenn die Schwangerschaft nicht spontan, sondern nach einer In-vitro-Fertilisation (IVF) eingetreten ist.

Wie genau sich das Thromboembolierisiko von Schwangeren ohne und mit IVF-Behandlung unterscheidet, haben jetzt schwedische Forscher untersucht (BMJ 2013; 346: e8632).

Im Vergleich zu Frauen, die spontan schwanger werden, müssen IVF-Schwangere mit einem deutlich höheren Thromboembolierisiko leben (p < 0,001). Im ersten Trimestern liegt das Thromboserisiko um das Fünffache höher, das Embolierisiko um das Siebenfache, so das Ergebnis einer schwedischen Querschnittstudie.

Peter Henriksson vom Danderyd-Krankenhaus in Stockholm und seine Kollegen haben die Daten von 23.498 Frauen ausgewertet, die zwischen 1990 und 2008 nach einer IVF-Behandlung ein Kind zur Welt gebracht hatten.

Die Daten haben sie mit denen von 116.960 Müttern verglichen, bei denen eine solche Prozedur nicht notwendig war. Dabei stellten sie jeder IVF-Schwangeren fünf "Normal-Schwangere" gegenüber.

Neben dem Alter berücksichtigten die Wissenschaftler auch Faktoren wie Body-Mass-Index, Parität, Zigarettenkonsum, Familienstand und die Bildung, die Einfluss auf Schwangerschaft und Gefäßerkrankungen haben.

Auch das Geburtsjahr des Kindes floss in die Auswertung mit ein, zeichnet sich doch in den letzten Jahren bei der IVF-Behandlung ein deutlicher Trend ab hin zu milderen Stimulationsprotokollen mit niedrigeren Gonadotropindosen und weniger Mehrlingsschwangerschaften.

Unterschiede nicht nur im Gesamtrisiko

Eine vorausgegangene IVF-Behandlung stellte sich klar als unabhängiger Risikofaktor heraus: Während sich in der Kontrollgruppe bei 2,5 pro 1000 Frauen (n = 291) eine Thromboembolie ereignet hatte, betraf es in der IVF-Gruppe 4,2 pro 1000 Frauen (n = 99; HR 1,77, 95-Prozent-CI 1,41-2,23).

Das Thromboembolierisiko war bei den IVF-Frauen während der gesamten Schwangerschaft höher (p < 0,001), variierte aber je nach Trimester (p = 0,002).

Im ersten Trimester etwa lag das Thromboserisiko bei 1,5 pro 1000 Frauen in der IVF-Gruppe, aber nur bei 0,3 pro 1000 Frauen in der Vergleichsgruppe. Das Embolierisiko betrug 3,0 pro 10.000 beziehungsweise 0,4 pro 10.000 Frauen (HR 6,97, 95-Prozent-CI 2,21-21,96).

Während sich in der Kontrollgruppe der bekannte Zusammenhang von Body-Mass-Index und Thromboserisiko bestätigte, hatten IVF-Schwangere mit einem höheren Körpergewicht keineswegs ein höheres Thromboserisiko als die leichteren IVF-Patientinnen.

Warum das so ist, können die Studienautoren nur vermuten. Als einen Grund führen sie an, dass mehr dünne als dicke Frauen während der Hormonbehandlung ein Hyperstimulationssyndrom entwickeln.

Unterschiede gab es auch hinsichtlich des Zeitpunktes der Thrombosemanifestation. In der Kontrollgruppe traten Thromboembolien vorwiegend in der Post-partum-Periode auf, in der IVF-Gruppe überwiegend im ersten Trimester.

Aufgrund des höheren Thromboserisikos nach IVF-Behandlung, speziell im ersten Trimester, appellieren die Studienautoren an alle Gynäkologen, bei diesen Schwangeren ein besonderes Augenmerk auf thromboembolische Komplikationen zu legen und jedem Verdacht umgehend nachzugehen.

Nach Meinung der Studienautoren bedarf es zudem größerer Anstrengungen, um bereits vor der reproduktionsmedizinischen Behandlung diejenigen Frauen zu identifizieren, die thrombosegefährdet sind, sodass diese während der IVF-Therapie und in der nachfolgenden Schwangerschaft prophylaktisch antikoagulatorisch behandelt werden können. (dk)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

An Embolie und Dissektion denken!

Junge Frauen mit Herzinfarkt: Oft ist es keine Atherosklerose

Vereinfachter Diagnose-Algorithmus

Lungenembolie mit weniger Bildgebung sicher ausschließen

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse