Immunschwäche-Virus soll sich selbst zerstören

ZÜRICH (gvg). Ein neuer Ansatz zur Bekämpfung von Retrovirus-Infektionen - auch durch HIV - bietet Chancen zur Therapie, aber auch zur Prophylaxe der Infektion. Dabei wird das Virus zum Suizid verführt, bevor es sich überhaupt vermehren kann.

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Die HIV-Forscherin Professor Karin Mölling von der Uni Zürich hat jetzt im Tierversuch eine neue Strategie erfolgreich erprobt, mit der Retroviren an der Ausbreitung gehindert werden: Winzige Nukleinsäurebestandteile, als Oligonukleotide bezeichnet, können den Vermehrungsapparat der Viren überlisten. Die Oligonukleotide binden an bestimmte Partikel des Retrovirus. Die Folge ist, dass ein Enzym namens RNAse H das RNA-Erbgut des Virus zerlegt, bevor die genetische Information der RNA in die für das Virus überlebensnotwendige DNA übertragen wird.

Bei Mäusen mit einer Retrovirus-Infektion war diese Therapie bereits sehr effektiv: Das Fortschreiten der Infektionskrankheit wurde verzögert, das Überleben der Tiere verlängert. Besser noch: Bei Therapie schon bald nach der Infektion konnte sogar der Ausbruch der Erkrankung verhindert werden.

Das liegt daran, dass die Oligonukleotide, anders als andere, bereits zugelassene HIV-Therapeutika, nicht erst dann wirken, wenn das Virus in seiner Zielzelle angekommen ist, sondern auch schon bei Viren, die sich noch im Serum befinden. "Die Methode hat großes Potenzial bei der Verringerung der HIVÜbertragung und auch bei der Postexpositionsprophylaxe", so Mölling (Nat Biotech 25/6, 2007, 669).

"Die Region, an die diese Oligonukleotide binden, gibt es bei allen Retroviren", sagte Dr. Klaus Korn vom Nationalen Referenzzentrum für Retroviren in Erlangen im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Es sei sehr wahrscheinlich, dass Möllings Ansatz auch gegen HIV-Infektionen bei Menschen prinzipiell funktioniert.

Korn erinnerte allerdings daran, dass andere Nukleinsäure-basierte Therapien bisher nicht die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt haben. Deshalb müsse man abwarten, ob diese Therapie auch praktisch umsetzbar ist. Zudem hält Korn die Entwicklung von Mutationen für möglich, die das Virus resistent gegen den therapeutisch induzierten Suizid machen.

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