Jeder vierte Patient mit MS bekommt keine Immuntherapie

BAD ORB (KHS). Unabhängig vom Krankheitsstadium bekommen 27 Prozent der Patienten mit Multipler Sklerose (MS) in Deutschland keine Immuntherapie. Das ergeben aktuelle Daten des deutschen Multiple-Sklerose-Registers.

Veröffentlicht:

Darauf hat der Neurologe Dr. Michael Lang aus Ulm bei einem Workshop bei der Practica in Bad Orb hingewiesen. In dem Register sind bisher mehr als dreitausend Datensätze ausgewertet worden.

Diese hohe Zahl der Patienten, die nicht immuntherapeutisch behandelt werden, sei bei den heute bestehenden Möglichkeiten nicht mehr vertretbar, so Lang. Der Neurologe plädiert für die maximal frühe und konsequente MS-Therapie.

Sei die Erkrankung erst einmal vom entzündlichen Befall der Myelinscheiden in die Axon-Degeneration übergegangen, greife die Immuntherapie nachweisbar schlechter als bei frühem Behandlungsbeginn.

Lang fordert daher, die Patienten sofort nach Sicherung der Diagnose eingehend aufzuklären, um ihre Therapie-Entschlossenheit zu stärken. Danach müßten die behandelnden Kollegen alle Anstrengungen unternehmen, die Patienten in der Therapie zu halten. Es müsse den Patienten klargemacht werden, daß die Entzündungsaktivität immer wieder an irgendeiner Stelle des Zentralnervensystems aufflackern könne.

Der Weg vom Erstsymptom bis zur Diagnosestellung dauere im Durchschnitt immer noch drei bis vier Jahre, sagte Lang bei dem von Sanofi-Aventis und Teva Pharma unterstützten Workshop. Das Problem seien die unspezifischen Erst-Symptome. Deshalb blieben die ersten Schübe der Erkrankung oft ohne klare diagnostische Einordnung und ohne die erforderlichen therapeutischen Konsequenzen.

Außerdem gebe es keine Einzeluntersuchung, aufgrund derer Kollegen eine MS in der Frühphase sicher feststellen könnten. Die internukleäre Ophthalmoplegie komme zwar praktisch nur bei Patienten mit Multipler Sklerose vor, sei meist aber kein Frühsymptom. Es bedürfe der Gesamtheit von Krankheitsverlauf und vieler Untersuchungen, um die Therapie-entscheidende Diagnose zu stellen.

Es hängt sehr viel davon ab, daß Ärzte bei Symptomen wie Sehstörungen, Schwindel, Schluckbeschwerden, Kraftlosigkeit, Gefühlsstörungen oder auch Blasenstörungen, immer auch die Möglichkeit des Initialsymptoms einer MS bedenken, wie Lang betonte. Paresen würden in Statistiken als Erstsymptom zwar am häufigsten genannt. Doch ihnen gingen oft bereits andere MS-Symptome voraus, die jedoch nicht als möglicher Hinweis auf diese Erkrankung eingeordnet würden, vermutet Lang.



STICHWORT Aus dem Springer Lexikon Medizin

Multiple Sklerose

Multiple Sklerose ist eine schubweise Entmarkungskrankheit, die die gesamte weiße Substanz des Zentralnervensystems befallen kann. Frauen sind etwas häufiger als Männer betroffen. Die meisten Erkrankungen treten zwischen 20 und 40 Jahren auf, oberhalb von 55 bis 60 Jahren gibt es keine Neuerkrankungen mehr. In Mitteleuropa liegt die Inzidenz bei 3 bis 7 pro 100 000 Einwohnern; in Australien bei etwa 10 und in Südafrika bei 1 bis 4. Die Ätiologie ist weiterhin ungeklärt.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Multiple Sklerose

Aktuelles rund um Diagnostik und Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Kumulative Anzahl der Ereignisse einer nach sechs Monaten bestätigten Behinderungsprogression

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [6]

Multiple Sklerose

Aktuelles rund um Diagnostik und Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 2: AIOLOS-Studie: Therapieabbrüche nach Gründen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

Ofatumumab: Wachsende Evidenz stützt frühe hochwirksame Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 1: Alle Kinder hatten B-Zell-Werte im altersspezifischen Normbereich

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [5]

MS-Therapie in Schwangerschaft und Stillzeit

Ocrelizumab: einfache und flexible Therapie in jeder Lebensphase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Lungensurfactant

Warum Seufzen der Atmung gut tut

Lesetipps
Der Rücken eines Mannes mit Gürtelrose zeigt Vesikel.

© Chinamon / stock.adobe.com

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung