Kommentar zur COVID-19-Analyse

Jedes Menschenleben zählt

920 deutsche Kliniken haben Daten zu ihren COVID-19-Patienten gemeldet: Eine Diskussionsgrundlage für künftige Entscheidungen.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:

COVID-19 ist eben doch kein „Grippchen“, wie der brasilianische Präsident meint. Das bestätigt jetzt die Analyse der Verläufe von 10.000 stationär behandelten, bei der AOK versicherten Patienten.

Die Studie kommt genau zum richtigen Zeitpunkt: Die Aufregung in der Öffentlichkeit ist abgeebbt, ein gewisser Gewöhnungseffekt an das Risiko ist eingetreten, Sorglosigkeit macht sich breit. Dabei ist, nüchtern betrachtet, heute nur wenig anders als im März dieses Jahres: Es gibt keine Prophylaxe, es gibt keine spezifische Therapie. Was es gibt, ist eine hohe Sterblichkeit und zunehmend Wissen um das Virus und die Krankheit.

Die aus 920 deutschen Krankenhäusern stammenden Daten sind ungemein wichtig für die Vorbereitung möglicher neuer Infektionswellen und die Ressourcen-Allokation. Kommuniziert werden sollten gerade auch die Erkenntnisse zu COVID-19 bei jungen und mittelalten Menschen. Immerhin 422 der 18- bis 59-jährigen Patienten mussten beatmet werden, und von ihnen starb fast jeder Dritte!

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Das ist eine Botschaft an jene, die Unverwundbarkeitsillusionen unterliegen. Ein junger Mensch, der an COVID-19 erkrankt, mag (vergleichsweise) gute Heilungschancen haben. Aber er beeinflusst eben auch das Schicksal seiner Mitbürger, guter Freunde und enger Angehöriger. Von womöglich verbleibenden Dauerschäden der Infektion bei Überlebenden einmal ganz abgesehen.

Die repräsentativen Daten dürften international für Aufsehen sorgen – gerade jenseits des Atlantiks. Gut so! Der Vergleich der Systeme ist auch für hiesige strategische Entscheidungen bedeutsam. Und noch etwas macht die Studie deutlich: In Deutschland hat jeder Bürger das gleiche Recht auf Hightech-Medizin – unabhängig vom Alter. Das ist selbst in Europa längst nicht selbstverständlich.

Schreiben Sie dem Autor: med@springer.com

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Kommentare
Dr. Florian Gerheuser 29.07.202012:02 Uhr

Der Autor lobt unter der Überschrift "Jedes Menschenleben zählt", dass in Deutschland "jeder Mensch das gleiche Recht auf High-Tech-Medizin" habe, was auch in Europa "nicht selbstverständlich" sei. Natürlich klingt das erst einmal positiv. Allerdings: Von den über 80-jährigen, die beatmungspflichtig wurden, starben 72%. Wie ging es ihnen während dieser Zeit im Krankenhaus? Wer hat ihre Intensivtherapie durchgesetzt? Die Betroffenen oder die Angehörigen? Ist es immer gut, zu sagen: "Die Chancen sind äußerst schlecht, aber wir müssen alles versuchen?" Und bei den (primär) überlebenden 28% - wissen wir, wie es ihnen heute geht? Wie ist es um ihre Lebensqualität bestellt (wenn sie immer noch am Leben sind)? Wir unterliegen einem gefährlichen Irrtum, wenn wir das pure Überleben (oft nur als 28 Tage-Mortalität sehr kurzfristig erfasst) zum obersten Ziel erklären. Und wir unterliegen einem zweiten Irrtum, wenn wir nicht erkennen wollten, dass das Leben endlich ist und die physiologischen Reserven, die es braucht, um eine Intensivtherapie zu überstehen, bei den meisten über 80-Jährigen stark reduziert sind. Lassen Sie uns genauer hinschauen, was wir hier erzielen und ob es im Sinne der Betroffenen ist!

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