Kommentar zur COVID-19-Analyse
Jedes Menschenleben zählt
920 deutsche Kliniken haben Daten zu ihren COVID-19-Patienten gemeldet: Eine Diskussionsgrundlage für künftige Entscheidungen.
Veröffentlicht:COVID-19 ist eben doch kein „Grippchen“, wie der brasilianische Präsident meint. Das bestätigt jetzt die Analyse der Verläufe von 10.000 stationär behandelten, bei der AOK versicherten Patienten.
Die Studie kommt genau zum richtigen Zeitpunkt: Die Aufregung in der Öffentlichkeit ist abgeebbt, ein gewisser Gewöhnungseffekt an das Risiko ist eingetreten, Sorglosigkeit macht sich breit. Dabei ist, nüchtern betrachtet, heute nur wenig anders als im März dieses Jahres: Es gibt keine Prophylaxe, es gibt keine spezifische Therapie. Was es gibt, ist eine hohe Sterblichkeit und zunehmend Wissen um das Virus und die Krankheit.
Die aus 920 deutschen Krankenhäusern stammenden Daten sind ungemein wichtig für die Vorbereitung möglicher neuer Infektionswellen und die Ressourcen-Allokation. Kommuniziert werden sollten gerade auch die Erkenntnisse zu COVID-19 bei jungen und mittelalten Menschen. Immerhin 422 der 18- bis 59-jährigen Patienten mussten beatmet werden, und von ihnen starb fast jeder Dritte!
AOK-Daten analysiert
Mit COVID-19 sterben nur alte Menschen? Von wegen!
Das ist eine Botschaft an jene, die Unverwundbarkeitsillusionen unterliegen. Ein junger Mensch, der an COVID-19 erkrankt, mag (vergleichsweise) gute Heilungschancen haben. Aber er beeinflusst eben auch das Schicksal seiner Mitbürger, guter Freunde und enger Angehöriger. Von womöglich verbleibenden Dauerschäden der Infektion bei Überlebenden einmal ganz abgesehen.
Die repräsentativen Daten dürften international für Aufsehen sorgen – gerade jenseits des Atlantiks. Gut so! Der Vergleich der Systeme ist auch für hiesige strategische Entscheidungen bedeutsam. Und noch etwas macht die Studie deutlich: In Deutschland hat jeder Bürger das gleiche Recht auf Hightech-Medizin – unabhängig vom Alter. Das ist selbst in Europa längst nicht selbstverständlich.
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