Anamnestischer Hinweis

Kindheitstraumata verschlimmern bipolare Störung

Bipolar-Patienten, die als Kinder emotional oder sexuell missbraucht wurden, haben eine schlechtere Krankheitsprognose.

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OSLO. Traumatische Erlebnisse in der Kindheit gehen bei bipolar erkrankten Patienten mit einer besonders schweren Symptomatik einher: Die Erkrankung beginnt früher, die Patienten unternehmen eher einen Suizidversuch, erleben öfter einen schnellen Wechsel zwischen depressiven und manischen Episoden und neigen stärker zur Depression.

Darauf machen Psychiater um Dr. Bruno Etain vom INSERM in Paris aufmerksam (J Clin Psychiatry 2013; 74(10): 991-998.

Sie sind dem Zusammenhang zwischen Kindheitstraumata und bipolarer Störung anhand von zwei Patientenkohorten aus Frankreich und Norwegen nachgegangen.

587 Patienten wurden gefragt

Dazu hatten sie die insgesamt 587 Patienten im mittleren Alter von 41 Jahren mithilfe des Childhood Trauma Questionnaire nach körperlichem, seelischem und sexuellem Missbrauch sowie nach körperlicher und seelischer Vernachlässigung in der Kindheit gefragt.

Der beobachtete Zusammenhang unterlag einer Dosis-Wirkungs-Beziehung: Die genannten Charakteristika einer schweren bipolaren Störung waren umso häufiger anzutreffen, je mehr unterschiedliche Traumata die Patienten durchlitten hatten.

Dabei war Missbrauch noch folgenschwerer als Vernachlässigung.

In einer multivariaten Analyse erwiesen sich sexueller wie emotionaler Missbrauch als unabhängige Risikofaktoren für einen frühen Krankheitsbeginn (Odds Ratio, OR = 1,60) und für Suizidalität (OR = 1,80).

Sexueller Missbrauch war außerdem der stärkste Risikofaktor für ein Rapid Cycling (OR = 2,04). Der Konsum von Alkohol und Cannabis hatte keinen Einfluss auf diese Ergebnisse.

Frauen gaben nicht nur mehr traumatische Kindheitserlebnisse an als Männer. Die Traumata hatten bei ihnen auch gravierendere Konsequenzen im Hinblick auf die Bipolar-Störung.

Wichtige Konsequenzen für die Versorgung

Die Ergebnisse haben laut Etain und Kollegen wichtige Konsequenzen für die Versorgung von Bipolar-Patienten. Wenn Kindheitstraumata in das klinische Assessment einbezogen würden, könnten Patienten mit erhöhtem Risiko für ein schweres Krankheitsbild eher entdeckt werden.

Wichtig sei, außer sexuellem auch emotionalen Missbrauch zu erfragen. (bs)

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