HINTERGRUND

Krebsmediziner fordern strenge Regulierung von Solarien - denn da liegt einiges im Argen

Veröffentlicht:

Von Philipp Grätzel von Grätz</</b>

Ein Verbot für unter 18-Jährige, eine verpflichtende persönliche Beratung und einheitliche Grenzwerte für die Strahlung: Das sind drei der Kernforderungen, die Hautkrebsexperten für den Betrieb von Solarien stellen. Werbung mit angeblich positiven medizinischen Effekten halten sie für Augenwischerei.

"Unzureichender Gesundheitsschutz in Solarien ist ein weltweites Problem", sagte Dr. Rüdiger Greinert, Generalsekretär der European Society of Skin Cancer Prevention (EUROSKIN). Die EUROSKIN hat sich nun zu einer Konferenz getroffen, bei der es explizit um das Thema Solarien und Hautkrebs ging.

Tatsächlich liegt bei Sonnenstudios gesundheitlich vieles im Argen - auch in Deutschland. So gibt es vom Bundesamt für Strahlenschutz eine freiwillige Zertifizierung, die ein Solarienbetreiber beantragen kann. Doch kaum einer tut es: "Wir haben in Deutschland schätzungsweise über 6000 Sonnenstudios. Davon sind allenfalls hundert zertifiziert", sagte Dr. Eva Kalbheim von der Deutschen Krebshilfe.

Kein Wunder, denn eine Zertifizierung ist mit hohen Anforderungen verbunden. So dürfen in einem zertifizierten Solarium nur Geräte eingesetzt werden, die maximal 0,3 W/m2 emittieren. Bestimmte Hygieneregeln müssen eingehalten werden. Vor allem aber muss das Personal in zertifizierten Solarien die Kunden einzeln beraten und individuelle Bestrahlungspläne erstellen. "Wer unter 18 ist, wer einen hellen Hauttyp hat und wer fototrope Medikamente einnimmt, müsste gleich wieder nach Hause geschickt werden", so Kalbheim. Das alles wird kaum irgendwo erfragt, schon gar nicht bei den zahlreichen Sonnenbänken in Fitnessstudios oder Schwimmbädern, bei denen einfach eine Münze eingeworfen oder ein Chip vor ein Lesegerät gehalten werden muss, um sie zu bedienen.

Abgesehen von freiwilliger Zertifizierung hat sich die Politik bei der Regulierung bisher zurück gehalten. Erst 2009 plant das Bundesministerium für Umwelt eine gesetzliche Regelung, die die Solariennutzung für unter 18-Jährige untersagt und den von der Europäischen Union europaweit angestrebten Grenzwert von 0,3 W/m2 gesetzlich vorschreiben soll. Der EUROSKIN ist das nicht genug: Sie hat nun erneut ihren Forderungskatalog präsentiert, der nach Auffassung der anwesenden Experten möglichst sofort umgesetzt werden sollte.

Die Nutzung von Solarien erhöht das Hautkrebsrisiko

Dass die Nutzung von Solarien das Hautkrebsrisiko erhöht, war bei den Konferenz-Teilnehmern völlig unstrittig. "Selbst der geforderte Grenzwert von 0,3 Watt ist nicht unproblematisch", sagte Kalbheim zur "Ärzte Zeitung". Denn 0,3 Watt pro Quadratmeter entsprechen einem UV-Index von 12 und damit in etwa der Intensität der Mittagssonne am Äquator an einem klaren Tag. "Die WHO empfiehlt für diese Sonnenintensität den Aufenthalt im Haus", so Kalbheim. Mitteleuropäische Sommersonne erreicht im Flachland allenfalls einen UV-Index von 5 bis 6.

In der Werbung von Solarienbetreibern mitunter anzutreffende Hinweise auf angeblich gesundheitsfördernde Eigenschaften der UV-Bestrahlung halten Experten für Augenwischerei. Dass etwa die endogene Vitamin D-Synthese durch UV-Bestrahlung gesteigert wird, ist zwar unstrittig. Dass Vitamin D gesundheitsfördernde Effekte bei der Krebsprävention haben kann, wird auch von den meisten akzeptiert. "Solange aber epidemiologische Studien widersprüchliche Ergebnisse zu der Frage liefern, wie viel positive Effekte Vitamin D haben könnte und der genaue Zusammenhang zwischen Vitamin D und Krebsentstehung unklar ist, können da keine Empfehlungen gegeben werden", betonte Kalbheim.

Die Forderungen der EUROSKIN

  • Folgende Personen sollten Sonnenbaden generell meiden: bei Hauttyp I (etwa helle Haut und rote Haare), unter 18-Jährige, bei zahlreichen Pigmentflecken oder Neigung zu Sommersprossen, bei häufigen Sonnenbränden in der Vergangenheit, bei der Einnahme von fotosensitiven Medikamenten
  • Einhaltung der EU-Empfehlungen für die Strahlungsintensität (0,3 W/m2)
  • Solarienbetreiber sollten zu Gesundheitswarnungen verpflichtet werden
  • Tragen eines UV-Augenschutzes sollte verpflichtend sein
  • Individuelle Strahlungspläne sollten vom Betreuungspersonal erstellt werden
  • Werbung mit gesundheitlichen Benefits der Bestrahlung sollte verboten werden
  • Münz- oder Karten-Solarien ohne Betreuungspersonal sollten verboten werden
  • Keine Verwendung von Bräunungskremes in Solarien
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Symptome, Ursachen und Therapie

© Evgeniya Markina | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Trockene Augen

Symptome, Ursachen und Therapie

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Arzneimittelbasierte Wundsalben

© AndreyPopov | iStock

Optimale Wundheilung

Arzneimittelbasierte Wundsalben

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Erhöhtes Risiko für immunvermittelte Hautkrankheiten

© supawat bursuk | iStock

Übergewicht bei Kindern

Erhöhtes Risiko für immunvermittelte Hautkrankheiten

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Schematische Wirkprinzipien verschiedener immuntherapeutischer Ansätze beim Multiplen Myelom

© Johnson & Johnson

Therapie des Multiplen Myeloms

Ebnet die Präzisionsmedizin den Weg zur funktionellen Heilung dieser Neoplasie?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Janssen-Cilag GmbH, Neuss
Abb. 1: sPGA-Ansprechen über zwei Jahre

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Psoriasis-Therapie bei Kindern und Erwachsenen

PDE-4-Hemmer: erste orale Systemtherapie für Kinder − auch bei besonderen Manifestationen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Amgen GmbH, München
Abb. 1: Weniger als 50% der Systemtherapie-geeigneten Patientinnen und Patienten werden auch eine Systemtherapie beginnen

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Atopische Dermatitis

Optimale Krankheitskontrolle mit der richtigen Behandlung für höhere Patientenzufriedenheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: AbbVie Deutschland GmbH und Co. KG, Wiesbaden
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Für die Einarbeitung sollten Neulinge eine feste Ansprechpartnerin im Team haben. (Motiv mit Fotomodellen)

© Manu Reyes / Stock.adobe.com

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

stiliserte, bunte Symbole für Patientenakten

© savittree / stock.adobe.com

Update

FAQ zur „ePA für alle“

Die elektronische Patientenakte kommt: Das sollten Sie jetzt wissen