Schamlippen-Op und Co.

Leitlinie für Intim-Chirurgie in Arbeit

Jede zehnte Frau hat Schätzungen zufolge relativ große innere Schamlippen, was zum Problem werden kann. Eine Intim-Operation kann Abhilfe schaffen, doch einheitliche Standards gibt es nicht. Ärzte arbeiten derzeit an einer Leitlinie.

Veröffentlicht:

BERLIN. Intimchirurgische Eingriffe liegen im Trend. Sie reichen von Peniskorrekturen und Hodensackstraffungen beim Mann bis hin zu Korrekturen der Schamlippen bei Frauen.

Letztere seien kein Randthema mehr, sondern mit etwa 5400 Operationen im Jahr in der Mitte der Gesellschaft angekommen, hieß es bereits 2013 in einem Bericht der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). Die Zahl bezieht sich auf eine Umfrage unter rund 900 Fachärzten.

Noch keine Standards

Doch noch immer mangelt es an einheitlichen Standards für Operationen. Laut DGPRÄC sind wissenschaftliche Kenntnisse in diesem Bereich dürftig und Anbieter eher auf ihre persönliche Erfahrung angewiesen.

Auf Initiative der Gesellschaft wollen daher Experten eine Leitlinie zur Intimchirurgie der Frau erarbeiten, in der die gängigen Verfahren bewertet werden.

Ärzte und Patientinnen sollen so eine neutrale Hilfestellung bei der Entscheidungsfindung bekommen. Wann die Leitlinie erscheinen werde, sei noch offen, sagte ein Sprecher der Gesellschaft. Offiziell angekündigt ist die Fertigstellung zum 31. Dezember 2015.

Schätzungen zufolge sind bei etwa zehn Prozent der Frauen die inneren Schamlippen so groß, dass sie die äußeren überragen. Das wird durch Intimrasur immer häufiger sichtbar und stört manche Frauen nicht nur optisch. Es kann auch medizinisch zum Problem werden.

"Beim Sport, etwa beim Reiten oder Fahrradfahren, scheuern die Schamlippen. Es kann zu Schwellungen, minimalen Blutungen und auch zu Entzündungen kommen", sagt der Leipziger Frauenarzt Dr. Marwan Nuwayhid, Gründer der Gesellschaft für ästhetische und rekonstruktive Intimchirurgie Deutschland (GAERID).

"Es geht nicht darum, eine Designer-Vagina zu schaffen, sondern den betroffenen Frauen zu helfen. Die leiden richtig darunter", so der Arzt.

Weg von Keilschnittechnik

Auch der Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Erlangen, Professor Matthias W. Beckmann, erlebt immer wieder Patientinnen, die unter ähnlichen Problemen leiden: "Wenn eine Frau nach einem Triathlon zum dritten Mal eine eingerissene Schamlippe hat, weil sie 60 Kilometer auf dem Fahrrad gefahren ist, dann sucht die eine Lösung dafür."

Als Operationstechnik setzt sich die sogenannte 3D Reduction Labiaplasty durch. Diese Technik, eine Art Baukastensystem, entwickle sich langsam zum Standard, sagt Günther, Gründer der Deutschen Gesellschaft für Intimchirurgie und Genitalästhetik (DGINTIM).

Sie erlaube gleichzeitig auch eine Korrektur des Klitorishäutchens und Verlagerung der Klitorisspitze. "Man kann zwar alle drei Dimensionen mit einer Operation korrigieren, muss es aber nicht", betont der Arzt.

"Lange war die Keilschnitttechnik üblich, bei der die Schamlippen mit einem keilförmigen Ausschnitt verkleinert wurden", berichtet der Arzt. Doch wenn sie nicht richtig zusammenwachsen, bleibe ein hässliches Loch, das nur schwer zu korrigieren sei. Immer wieder habe er Patientinnen, bei denen Ärzten "Murks gebaut" hätten und die nun eine weitere Operation bräuchten.

Keine Op aus rein ästhetischen Gründen

Auch Matthias W. Beckmann musste bei einigen Frauen Korrekturen vornehmen. Irreparable Schäden seien ihm aber nicht bekannt. Möglich seien eher Wundheilungsstörungen oder Asymmetrien. Auch die Narbenbildung werde oft unterschätzt, ergänzt DGPRÄC-Präsidentin und Professorin Jutta Liebau.

Als Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe arbeitet Beckmann an der geplanten Leitlinie mit. Aus rein ästhetischen Gründen unterstütze seine Gesellschaft Schamlippenkorrekturen nicht, sondern nur aus medizinischen: "Eine Frau hat das Recht, ihre Schamlippen reduzieren zu lassen, wenn sie dadurch in ihrem täglichen Leben eingeschränkt ist", sagt er. (dpa)

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Kommentare
Dr. Andreas Manok 19.08.201509:17 Uhr

Bei Intimchirurgie die Strafbarkeitsrisiken beachten!

Der vor knapp zwei Jahren in das Strafgesetzbuch neu eingefügte § 226a lautet wie folgt:

§ 226a Verstümmelung weiblicher Genitalien
(1) Wer die äußeren Genitalien einer weiblichen Person verstümmelt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

Als Verstümmelung ist „jede mechanische Einwirkung auf den Körper, die zur Zerstörung, zum Verlust oder zur sonstigen substanziellen Beeinträchtigung eines Organs, eines Körpergliedes oder sonstigen Körperteils führt“, anzusehen, was zur Folge hat, dass alle Handlungen, „die mit mechanischen Mitteln zu Einbußen an Körpersubstanz im Bereich der äußeren weiblichen Genitalien führen“, dem Tatbestandsmerkmal des Verstümmelns unterfallen. Nach der Gesetzesbegründung fallen unter das Tatbestandsmerkmal des Verstümmelns daher jedwede Veränderungen an den weiblichen Genitalien, also auch Verkleinerungen der Labien oder eine Reduktion der Klitorisvorhaut und sogar bloße Einschnitte in diese.

Das ist vielen Operateuren, die ohne medizinische Notwendigkeit allein aus vermeintlich ästhetischen Gründen eine "Designer-Vulva" gestalten, offenbar noch nicht bekannt.

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