Neue Untersuchungstechnik

Lichtstrahlen machen Seh- und Gefühlszentren sichtbar

Eine neue Untersuchungstechnik, die mit Lichtstrahlen Hirnaktivität misst und in Bilder umwandelt, könnte Tumoroperationen am Gehirn künftig noch sicherer machen.

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BERLIN. Das "Intraoperative Optical Imaging" (IOI) zeigt während der Tumoroperation am Gehirn, wo wichtige Funktionen wie Gefühl, Bewegung, Sehen oder Sprache sitzen, die geschont werden sollten.

Erste Erfahrungen mit dem IOI bei Tumoreingriffen werden auf dem 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) vorgestellt, der vom 25. bis 28. März 2014 in Berlin stattfindet.

Ziel einer Krebsoperation am Gehirn ist es, den Tumor vollständig zu beseitigen - idealerweise wird auch noch ein kleiner Teil des benachbarten gesunden Gewebes mit entfernt, um Zellnester zu erfassen, die sich dort eingenistet haben. Andererseits wollen die Ärzte gesundes Gewebe schonen, wenn es für wichtige Funktionen wie Gefühl, Sprache, Bewegung oder Sehen zuständig ist.

Leichte Stromimpulse an Medianus-Nerven abgegeben

Hirntumorgewebe kann inzwischen gut sichtbar gemacht werden, etwa mit Farbstoffen, MRT, CT oder Ultraschall, teilt die DGCH mit.

"Bis heute können wir aber gesundem Gewebe leider nicht ansehen, für welche Funktionen es zuständig ist", wird Professor Gabriele Schackert, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Dresden, in der Mitteilung zitiert. "Dies wäre wichtig, um noch gezielter operieren zu können." Hier soll die Lichttechnologie IOI helfen.

Das Gehirn leuchtet zwar nicht, wenn wir es benutzen. Jede Hirnaktivität geht jedoch mit einer Steigerung der Durchblutung einher. Dies verändert wiederum die Lichtabsorption, wenn die Hirnoberfläche mit einer Lampe bestrahlt wird - vermehrte Hirnaktivität steigert die Absorption. Dieses Phänomen nutzt IOI.

Um mit dieser Technik wichtige Hirnareale sichtbar zu machen, stimulierte das Team um Schackert und Stephan Sobottka zunächst einen Nerv an der Körperoberfläche der narkotisierten Patienten (J Neurosurg 2013; 119(4): 853-863).

"In unserer Studie gaben wir leichte Stromimpulse an den Medianus-Nerven ab, der an der Innenseite des Unterarms verläuft und das Gefühl in der Hand vermittelt", so Schackert. Reflexartig leitete der Nervus medianus die Impulse an seine übergeordnete Zentrale im Hirn weiter, die für das Gefühl zuständig ist. Sie war nun ebenfalls aktiviert und damit stärker durchblutet.

Kamera im Operationsmikroskop integriert

Eine Kamera, die im Operationsmikroskop integriert ist, filmt die lichtbestrahlte Hirnoberfläche während dieses Vorgangs. Vor der Kamera sitzt ein Filter, der bevorzugt Wellenlängen passieren lässt, in denen das Blut eine starke Absorption zeigt. Ein Computer setzt die Informationen in Bilder um. Innerhalb von zehn bis fünfzehn Minuten entsteht so eine zweidimensionale Karte, in der die aktivierte Hirnregion zu erkennen ist.

"Die Bilder sind genau und zuverlässig", erklärt Schackert, nachdem IOI an 41 Patienten erprobt wurde.

"Damit können wir erstmals wichtige Hirnfunktionen annähernd in Echtzeit erkennen." Zuvor war es den Dresdner Forschern gelungen, durch eine Reizung des Sehnerven - sie leuchteten dem Patienten ins Auge - das Sehzentrum zu lokalisieren. Sollte das IOI sich im klinischen Alltag bewähren, wäre dies ein wichtiger Fortschritt für die Sicherheit der Patienten.

Neue Entwicklungen beim Intraoperativen Imaging, darunter auch die IOI-Methode, sind Thema einer Sitzung auf dem DGCH-Kongress am 26. März 2014 von 11.00 bis 12.30 Uhr. (eb)

Weitere Infos zum Kongressprogramm gibt es im Internet unter: www.chirurgie2014.de

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