Reizdarm

Liegen Ballaststoffe und Co wieder im Trend?

Helfen Diäten beim Reizdarmsyndrom? Zumindest sind sie durchaus beliebt, sagt Dr. Viola Andresen. Sie hat die Studienlage gecheckt.

Von Beate Fessler Veröffentlicht:

HAMBURG. Ist die Diagnose Reizdarmsyndrom (RDS) gestellt, gehört zu den häufigen Empfehlungen auch die, Ballaststoffe zuzuführen. Ballaststoffe scheinen allerdings bei den meisten Patienten die Symptome eher zu verschlechtern.

Mehr als der Hälfte der Patienten geht es nach der Zufuhr von Weizenkleie schlechter, einem Viertel unverändert und nur knapp zehn Prozent besser, erläuterte Dr. Viola Andresen, Israelitisches Krankenhaus in Hamburg, bei der DGVS-Jahrestagung 2016.

Auch die Autoren einer aktuellen Meta-Analyse hätten keine positiven Effekte für Ballaststoffe beim RDS gefunden. "Zwingen Sie Ihre Patienten nicht, Ballaststoffe zu essen!", so die Empfehlung von Andresen.

Nützt glutenfreie Ernährung?

Komplizierter zu beantworten ist die Frage, ob glutenfreie Diät Patienten mit RDS nützt. "Manche verspüren eine Symptomlinderung unter glutenfreier Diät", so Andresen. Die Studienlage ist allerdings kontrovers.

Patienten mit RDS, bei denen eine Zöliakie ausgeschlossen worden war und die von einer glutenfreien Kost anamnestisch profitierten, erhielten in der Folge randomisiert Gluten (n=19) oder Plazebo (n=20). Mit eindeutigem Ergebnis: Unter glutenfreier Diät waren Schmerz, Blähungen und Müdigkeit signifikant seltener.

"Es gibt neben mehreren positiven Studien wie dieser aber auch negative Studien", räumte Andresen in Hamburg ein. Möglicherweise ist bei Patienten, die profitieren, auch eine falsche Diagnose gestellt worden, und sie leiden nicht unter einem Reizdarm, sondern unter einer "non celiac-disease gluten sensitivity" (NCGS).

Low-FODMAP könnte sich lohnen

In den Fokus des Interesses sind auch FODMAPs (Fermentable Oligosaccharides Disaccharides Monosaccharides And Polyols) geraten. Diese schwer absorbierbaren Kohlenhydrate können bei überempfindlichem Darm Beschwerden verursachen. Sie produzieren Gas im Darmlumen und können die typischen Symptome auslösen oder verstärken, so Andresen.

Könnte eine FODMAP-freie Diät bei RDS therapeutisch wirksam sein? Dieser Frage ging eine kleine Studie mit 38 Teilnehmern (30 RDS-Patienten, 8 Gesunde) auf den Grund, in der eine Low-FODMAP-Diät mit einer traditionellen australischen Kost verglichen wurde.

Tatsächlich linderte eine Low-FODMAP-Diät die RDS-Beschwerden: Gastrointestinale Symptome insgesamt, Blähungen und Schmerzen waren seltener als unter Normalkost, die Zufriedenheit mit der Stuhlkonsistenz war höher.

In einer aktuellen Studie wurde Low-FODMAP-Diät mit "traditioneller Reizdarm-Diätberatung" verglichen. Zur traditionellen Reizdarm-Diätberatung gehört laut Andresen unter anderem regelmäßige Mahlzeigen, langsam essen, acht Tassen Flüssigkeit pro Tag, reduzierte Aufnahme von Fett und blähenden Substanzen oder auch das Vermeiden von Süßstoffen und Softdrinks.

Risiko eines Mangels

Beide Diäten waren, gemessen anhand des IBS-SSS (Irritable bowel syndrome – Severity Scoring System) in ihrer Wirksamkeit vergleichbar, mit einer leichten Besserung.

Andresen betonte aber, dass das Risiko eines Mangels an Mikro- und Makro-Nährstoffen bei einer Diät immer im Auge behalten werden müsse, die letztlich auch das Mikrobiom verändere.

Nicht zu vergessen sei bei der Wahl der Therapiestrategie auch die Meidung individueller Trigger.

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