HINTERGRUND

Mammographie-Screening bietet Frauen meist sichere Entwarnung

Ingrid KreutzVon Ingrid Kreutz Veröffentlicht:

Die derzeit laufende flächendeckende Einführung des Mammographie-Screenings in Deutschland ist trotz aller Kritik eine gute Sache für Frauen über 50 Jahre, ist der Erlanger Gynäkologe und Radiologe Professor Rüdiger Schulz-Wendtland überzeugt.

"Auch wenn das Verfahren Schwächen hat, ist es derzeit die beste Screening-Methode, um Malignome der Brust früh zu erkennen", sagt der Präsident der heute beginnenden 26. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie in Dresden. Das Mammographie-Screening ist auch ein wichtiges Kongreß-Thema.

Von 1000 untersuchten Frauen haben 995 kein Malignom

Noch aus einem weiteren Grund plädiert Schulz-Wendtland für eine großzügige Nutzung der Früherkennungsuntersuchung: Den Frauen könne damit die derzeit größtmögliche Sicherheit geboten werden, daß sie keinen malignen Tumor in der Brust haben. Von 1000 untersuchten Frauen hätten 995 kein Malignom.

Gynäkologen wie der Erlanger Kollege erhoffen sich viel von dem Brustkrebs-Screening, das nach den Erfahrungen der bereits aktiven Screening-Einrichtungen in Deutschland gut angenommen wird: Nehmen wenigstens 70 Prozent der eingeladenen 50- bis 69jährigen Frauen an dem Mammographie-Screening teil, läßt sich die Brustkrebssterberate um etwa 30 Prozent verringern.

Dies kann aus den bereits vorhandenen Studiendaten anderer Länder zu dieser Reihenuntersuchung abgeleitet werden. In Deutschland könne damit jährlich immerhin das Leben von etwa 3000 Frauen gerettet werden, sagte Schulz-Wendtland zur "Ärzte Zeitung". Insgesamt erkranken jährlich 50 000 Frauen an Brustkrebs, und 19 000 sterben daran.

Auffällige Befunde werden ambulant geklärt

Häufig wird kritisiert, daß es mit der Mammographie viele falsch-positive Befunde gebe, das heißt zunächst ein auffälliger Befund diagnostiziert werde, der sich aber dann als gutartig herausstellt, und viele Frauen somit unnötigerweise verunsichert und bis zur endgültigen Abklärung belästigt würden. Nach Angaben von Schulz-Wendtland sind ungefähr zehn Prozent aller Mammographie-Befunde falsch-positiv.

Auffällige Befunde ließen sich mittlerweile jedoch innerhalb von zehn Tagen ambulant klären, sagte der Gynäkologe. Oft genüge hierfür schon eine Ultraschalluntersuchung zusätzlich zur Mammographie. Außerdem würden routinemäßig Stanzbiopsien gemacht, mit denen sich innerhalb eines Tages minimal-invasiv klären lasse, ob tatsächlich ein Malignom vorliegt und somit ein operativer Eingriff notwendig ist oder nicht.

Ein weiterer, oft geäußerter Kritikpunkt lautet: Mit der Mammographie würden viele Tumoren entdeckt, die sehr langsam wachsen und die die betreffenden Frauen daher vermutlich ihr Leben lang nicht beeinträchtigt hätten. Das seien lediglich drei bis fünf Prozent aller Malignome der Brust, sagt Schulz-Wendtland.

Bei 80 bis 85 Prozent der Brusttumoren hingegen verdopple sich der Durchmesser bereits innerhalb von 100 bis 150 Tagen und bei den übrigen Karzinomen sogar innerhalb von 20 Tagen. Die Tumorgröße zum Zeitpunkt der Diagnose gilt jedoch als ein wichtiger Prognosefaktor.

Und noch etwas wird nach Ansicht von Schulz-Wendtland häufig falsch interpretiert: Die Rate der falsch-negativen Befunde, das heißt der übersehenen Karzinome bei der Mammographie. So haben nach Angaben des Gynäkologen von 1000 untersuchten Frauen etwa fünf ein Karzinom.

Davon werde mit der Mammographie - auch bei qualitätsgesicherter Untersuchung nach den EU-Richtlinien - in der Regel eines nicht entdeckt. Schulz-Wendtland dazu: "Meist handelt es sich um extrem schnell wachsende Tumoren, die im Screening-Intervall auftreten, oder aber um Tumoren in sehr dichtem Drüsengewebe, die durch die Röntgenuntersuchung nicht erfaßt werden können."

Infos zum Kongreß unter www.senologiekongress.de



STICHWORT

Brustkrebs-Screening

Voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres wird das Mammographie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs flächendeckend gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in Deutschland umgesetzt sein. Das heißt: Alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren werden dann alle zwei Jahre zu einer kostenlosen Mammographie eingeladen. Die erste Screening-Einheit wurde am 24. Oktober 2005 in Münster eröffnet. Mittlerweile sind bereits 23 Screening-Einheiten aktiv.

Insgesamt sollen es jedoch 80 bis 100 Einheiten werden. In den als Screening-Einheiten arbeitenden Arztpraxen nehmen spezialisierte Röntgenassistentinnen die Mammographie vor, die Aufnahmen werden grundsätzlich von zwei Ärzten ausgewertet. Innerhalb von sieben Werktagen erhalten die Frauen dann den Befund. Um Frauen in den ländlichen Gebieten unnötig lange Wege zu ersparen, werden auch Mammographie-Mobile für das Screening eingesetzt. (ikr)

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