"Medikamente ohne begleitende Psychotherapie sind obsolet"

Erst wenn eine Psychotherapie nicht wirkt, sollten depressive Kinder auch SSRI bekommen, rät Professor Beate Herpertz-Dahlmann.

Veröffentlicht:

Ärzte Zeitung: Wann sollten Ärzte depressiven Kindern Arzneien gegeben?

Professor Beate Herpertz-Dahlmann: Bei Kindern bilden sich 50 bis 60 Prozent aller Depressionen während eines stationären Aufenthalts ohne spezifische medikamentöse Therapie zurück. Es ist also gerechtfertigt, drei bis vier Wochen im stationären Setting abzuwarten. Wenn bei schweren Symptomen nach fünf bis sechs psychotherapeutischen Sitzungen keine Besserung erfolgt, geben wir häufig ein Medikament, meistens einen SSRI.

Ärzte Zeitung: Wie gehen Sie bei Jugendlichen vor?

Herpertz-Dahlmann: Jugendliche sprechen generell besser auf SSRI an als Kinder, der Effekt ist ähnlich wie bei Erwachsenen. Bei schwerer Symptomatik mit Vitalitäts- und Schlafstörungen, Appetitstörungen oder Suizidideen würden wir hier von Beginn an medikamentös therapieren, allerdings immer in Kombination mit einer Psychotherapie. Die medikamentöse Therapie ohne begleitende Psychotherapie ist bei Kindern wie Jugendlichen obsolet.

Ärzte Zeitung: Welche Substanzen eignen sich zur Therapie bei Kindern und Jugendlichen ?

Herpertz-Dahlmann: Fluoxetin ist der einzige SSRI, der für Kinder und Jugendliche zugelassen ist. Es ist auch die einzige Substanz, für die bei Kindern eine Überlegenheit gegenüber Placebo nachgewiesen wurde. Das kann allerdings auch daran liegen, dass es für diese Substanz die meisten Studien gab.

Andere SSRI wie Citalopram oder Sertralin können auch wirksam sein. Klar ist: Wer SSRI bei Kindern und Jugendlichen off label einsetzt, muss das genau dokumentieren und gut begründen. (gvg)

Lesen Sie dazu auch: SSRI plus Psychotherapie - das lindert schwere Depressionen auch bei jungen Patienten

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Eine gefährliche Kombination

Diabetes und Depressionen gehen oft Hand in Hand

Mittel gegen Haarausfall

Post-Finasterid-Syndrom – ein Nocebo-Effekt?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Mehr kardiale Ereignisse

Herzinsuffizienz: Niedriger nächtlicher Blutdruck von Nachteil

Springer Medizin Gala

Preisträger des Springer Medizin Charity Awards feierlich gekürt

Lesetipps
Nahm den Galenus-von-Pergamon-Preis 2025 in der Kategorie Primary Care entgegen: Dr. Joachim Kienhöfer (2.v.l.) von Novo Nordisk. Überreicht wurde er von Professorin Marianne Dieterich (Mitte) und Dr. Marcus Pleyer (r.). Moderiert wurde von Yve Fehring (l.) und Matthias Gabriel (2.v.r.).

© Marc-Steffen Unger

Diabetes mellitus

Galenus-Preis 2025: Awiqli® gewinnt in der Kategorie Primary Care

Gewinner des Galenus-von-Pergamon-Preises 2025 in der Kategorie Specialist Care: Elahere von AbbVie. (V.l.n.r.:) Dr. Marcus Pleyer, Staatssekretär; Moderatorin Yve Fehring; Viviane Petermann, Business Unit Director Onkologie bei AbbVie; Jury-Präsidentin Professorin Marianne Dieterich, Matthias Gabriel, Ärzte Zeitung.

© Marc-Steffen Unger

Platinresistentes, high-grade seröses Ovarialkarzinom (OCa)

Galenus-Preis 2025: Elahere® gewinnt in der Kategorie Specialist Care